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„Ich spüre, dass diese Beobachtung eigene biografische Erlebnisse hervorruft…“ (Auto)Ethnografische Reflexionspotenziale am Beispiel neu-materialistischer Kindheitsforschung zu Akteur:innenschaft und Partizipation

| Jan-Niclas Peeters |

Einleitung

Verbunden mit dem Anliegen einer Exploration frühpädagogischer Felder konstatiert Neumann (2013) bereits vor einem Jahrzehnt einen Bedeutungszuwachs ethnografischer Zugänge innerhalb der Kindheitsforschung. Konstitutives Merkmal der Ethnografie ist das (teilnehmende) Forschen am ‚Ort des Geschehens‘, ebenjenen sogenannten Feldern. Frühpädagogische Felder wie Kindertageseinrichtungen werden in den entsprechenden Studien zunehmend aber nicht nur als Ort der Forschung, sondern zugleich als deren Gegenstand definiert (exemplarisch Göbel, 2018). Die von Neumann (2013) einst aufgeworfene Frage, „[w]enn ethnografische Forschung im Feld der Frühpädagogik beobachtet, macht sie es dann auch zum Gegenstand?“ (S.12; Herv. i. Orig.), behält jedoch ihre Relevanz. Denn ungeachtet einer Betrachtung des Feldes ‚Kindertageseinrichtung‘ als Gegenstand impliziert dies die weitergehende Frage: Inwiefern macht sie es dann auch zum Gegenstand?

Bailey (2020) folgend zeigt sich das Feld eng mit sozialen (z.B. durch Interaktionen) bzw. materiellen Praktiken (z.B. durch die Nutzung von Gegenständen) verwoben. Mit dem Entstehen von Praktiken im Feld als Ort gestaltet sich dieses zugleich und wird somit veränderlich hervorgebracht. Damit scheint ein Verständnis vom Feld als ausschließlicher Ort von Forschung also auch dann verkürzt, wenn ein scheinbar feldunabhängiges Gegenstandsinteresse vorausgesetzt wird. Vielmehr tritt das jeweilige Feld als Gegenstand immer schon dadurch in Erscheinung, da es eben nicht nur als Produzentin, sondern zugleich als Produkt sozialer bzw. materieller Praktiken verstanden werden kann. Fokussiert man auf die an den Praktiken beteiligten Akteur:innen, so muss explizit auch die Rolle von Forschenden in den Blick genommen werden – auch sie bewegen sich im Feld.

Vor diesem Hintergrund möchte der vorliegende Beitrag im Spezifischen für die Konstitution des Feldes Kindertageseinrichtung durch die (eigene) Rolle als Forscher:in sensibilisieren. Zwar hat Clifford Geertz bereits um 1970 im Rahmen der sogenannten Krise der ethnografischen Repräsentation auf die Involviertheit von Forschenden in der ethnografischen Wissensproduktion aufmerksam gemacht (Gottowik, 1997). Doch gleichwohl dies inzwischen als ethnografisches Selbstverständnis bezeichnet werden kann, beschreibt Anderson (2006) die anhaltende „tendency to downplay or obscure the researcher as a social actor in the settings or groups“ (p. 376). Anstelle dieses Herunterspielens und Verschleierns des Einflusses von Forschenden als Akteur:innen lässt sich vielmehr vergegenwärtigen, dass das von Forscher:innen hervorgebrachte Wissen „is situated by what they ‚see‘ in the field, which in turn is situated by what they ‚look‘ for and/or are given ‚access‘ to“ (Bailey, 2020, p. 734). Das Bewusstsein um ein durch Zugang und eigener Perspektive selektives Wissen gewinnt gerade auch dann an Bedeutung, wenn verschiedentlich Befremdungsstrategien in der Hinwendung zum ‚Eigenen‘ unter dem Aspekt einer Objektivierung diskutiert werden (exemplarisch Kuhn & Neumann, 2015). Damit verdichten sich die bisherigen Darlegungen in der für diesen Beitrag zentralen Frage: Inwiefern und mit welchen Implikationen sind Forschende als Akteur:innen in die Konstitution des Feldes involviert?

Was will das Projekt/ Was ist das Phänomen?

Entlang der thematischen Fokussierung des seit 2021 laufenden Dissertationsprojekts „Partizipation als un-bestimmtes Phänomen“[1] hat sich beim Forschenden eine zunehmende Sensibilisierung für das Thema von Involviertheit eingestellt. Zuvorderst ursächlich hierfür ist der inhaltliche Rekurs auf das um 1980 im Kontext der New Social Childhood Studies (NSCS)entstandene und bis heute wirkmächtige Paradigma von Kindern als kompetente Akteur:innen (Mierendorff, 2018). Dieses Paradigma verleiht sich im Rahmen frühpädagogischer Theorie und Praxis deutlich im Partizipationsbegriff Ausdruck und misst Involviertheit damit zentrale Bedeutung bei (König, 2021). Kritisch blickt das Dissertationsprojekt dabei auf eine entlang der NSCS aufgerufenen Heuristik, die als eine Art vereinfachter Denkansatz selbstreferenziell die romantisierende Vorstellung eines a priori kompetenten Kindes (re-)produziert. Durch eine derart vorgefasste Annahme kann übersehen werden, inwiefern und durch wen oder was die im Partizipationsbegriff verankerte Involviertheit als Akteur:in in situ hervorgebracht wird (Balzer & Huf, 2019). Weiterhin berücksichtigt werden empirische Befunde, die überdies bereits eine in Bezug auf Partizipation häufig vorzufindende Engführung auf formalisierte Verfahren wie Kinderparlamente oder Abstimmungsverfahren kritisieren (Höke, 2016;  Neumann et al., 2019). Somit wird insgesamt eine vorgefasste Fokussierung auf ‚das kompetente Kind‘ sowie ein vermeintliches Wissen über spezifische Partizipationskontexte kritisch hinterfragt. In diesem Zusammenhang verschreibt sich das Dissertationsprojekt der Forderung einer Dezentrierung des Kindes innerhalb der Kindheitsforschung (Spyrou, 2018) und perspektiviert dies auf der Grundlage posthumanistischer Theorieangebote des sogenannten Neuen Materialismus. Unter Rückgriff auf die wohl prominenteste Vertreterin des Neuen Materialismus, Karen Barad (2007), wird Partizipation demnach als zunächst unbestimmtes Phänomen verstanden, das erst im Rahmen sogenannter Intra-aktionen materiell-diskursiver Praktiken partielle Bestimmtheit erlangt. Im Gegensatz zur Interaktion sind Akteur:innen im Rahmen der Intra-Aktionen nicht prädeterminiert; wer oder was als Subjekt bzw. Objekt involviert wird, (re-)konstituiert sich also erst im Geschehen selbst (Garske, 2014). Hinsichtlich der Frage nach Akteur:innenschaft und Involviertheit wird damit einerseits eine anthropozentrische Ontologie, die den Menschen in den Mittelpunkt des Seins stellt und die Umwelt vernachlässigt, grundlegend in Frage gestellt. Anerkannt wird stattdessen eine Lebendigkeit der ‚Dinge‘ (Tesar & Arndt, 2016), die in der Verbindung mit Kindern, aber auch für sich genommen, einen Subjektstatus einnehmen können. Die sich darin widerspiegelnde posthumanistische[2] Grundannahme einer aktiven ‚Welt‘, bei der Grenzen zwischen humanen und nicht-humanen Entitäten wie Menschen und Dingen fluide erscheinen, hat andererseits relevante Konsequenzen auf die einleitend gestellte zentrale Frage, inwiefern und mit welchen Implikationen auch Forschende selbst als Akteur:innen in die Konstitution des Feldes involviert sind. Barad (2007) folgend können Forschende nicht als neutrale Instanz einer vermeintlich objektiv zugänglichen und außerhalbliegenden Welt verstanden werden. Im Gegenteil: sie sind selbst Teil der Welt, die sie beforschen und somit aktiv an der Hervorbringung dieser bzw. das ‚Wissen‘ über sie beteiligt. Ontologische Fragestellungen, die die Frage nach dem ‚Seienden‘ stellen, sowie epistemologische Fragestellungen, die sich mit dem Aspekt der diesbezüglichen Wissensproduktion befassen, sind in diesem Sinne untrennbar miteinander verwoben. Forschende sind dabei nicht nur gefordert, die Art und Weise, wie sie in die Wissensproduktion involviert sind, permanent zu reflektieren. Vielmehr geht es in diesem Verständnis um eine produktive Wendung, bei der die eigene Involviertheit ebenso einer analytischen Betrachtung unterliegt.

Wie bin ich vorgegangen?

Als methodologische[3] ‚Antwort‘ auf die zur Involviertheit skizzierten Implikationen wurde sich der sogenannten Analytischen (Auto)Ethnografie (AAE) nach Anderson (2006) angeschlossen. Die Umsetzung fordert die Berücksichtigung fünf sogenannter „key features“ (p. 378) ein: Grundvoraussetzung ist (1) die Akzeptanz, dass Forscher:innen selbst Teil des von ihnen beforschten Feldes sind. Eine Fokussierung auf die eigene Person sowie das übrige Geschehen ist daher im gesamten Forschungsprozess angezeigt. Beidem möglichst gerecht zu werden, kann aber nur dann gelingen, wenn (2) eine analytische Reflexivität eingenommen wird, vor deren Hintergrund die (eigenen) komplexen Verstrickungen im Beobachtungsprozess sowie die daraus resultierenden Forschungsdaten betrachtet werden. Ein solches Bewusstsein allein reicht allerdings nicht aus. Vielmehr bedarf es (3) einer Sichtbarkeit von Forschenden in den zugehörigen Dokumenten. Im Rahmen des Dissertationsprojektes werden daher auch Beobachtungen, die auf den Forschenden rekurrieren, in Form von Feldnotizen, dichten Beschreibungen sowie der Berichtlegung analytisch aufgenommen und expliziert. Entgegen einer Überbetonung der eigenen Person gilt dabei (4) der Anspruch, das Feld in seiner Gesamtheit nicht aus dem Blick zu verlieren. Denn auch wenn Forschende involviert sind, sind sie eben nur ein Teil des Feldes. Eine (5) Verpflichtung zu einer analytischen Agenda soll schließlich sicherstellen, dass diese Balance auch vor dem Hintergrund der Forschungsfrage gewahrt bleibt und die so gewonnen Forschungsdaten zielorientiert analysiert werden können.

Zur konkreten Veranschaulichung dieser Perspektive wird exemplarisch eine kurze Beobachtungssequenz aus einer Kindertageseinrichtung präsentiert, die im Rahmen einer ersten Feldphase (August-Oktober 2022) in Anlehnung an Anderson (2006) qua teilnehmender Beobachtung erhoben sowie mit Blick auf die unter Punkt (5) benannte analytische Agenda im Zusammenspiel mit der konstruktivistischen Grounded Theory nach Charmaz (2014) analysiert wurde.

Was ist das Ergebnis?

Die nachfolgende Sequenz hat sich während einer Freispielphase im Außenbereich der Kindertageseinrichtung zugetragen. Der Forschende richtet seine Aufmerksamkeit auf sechs beieinanderstehende sowie ein leicht abseitsstehendes Kind und versucht, die Bedeutung der beobachteten Positionierungen der Kinder zu ergründen.

Ich denke darüber nach, dass mir Marius schon häufiger in einer eher abseitigen Position aufgefallen ist, wenngleich er sich immer wieder aktiv in etwaige (Gruppen)Geschehen einzubringen versucht. Ich spüre, dass diese Beobachtung eigene biografische Erlebnisse hervorruft und sich eine Art Solidarisierungsempfinden gegenüber Marius einstellt. Ich schaue Marius genauer an. Sein Blick ist in Richtung der anderen Kinder gerichtet, die einen Kreis bilden, der in Richtung Marius leicht geöffnet ist. Erst in diesem direkten Vergleich fällt mir auf, dass alle unmittelbar im Kreis befindlichen Kinder einen Stock in der Hand halten, während Marius selbst keinen Stock in der Hand hält.

Mit der gedanklichen Fokussierung auf die abseitige Position von Marius wird dieser nicht nur im lokalen Geschehen, sondern auch im analytischen Zugriff durch den Forschenden separiert von jeweils unterschiedlichen Kindergruppen verortet. Dies kann insofern als eine zweifache Exklusivität beschrieben werden, als sich hier einerseits eine Ausgrenzung von Marius gegenüber den „anderen Kinder[n]“ manifestiert, Marius jedoch andererseits zugleich eine besondere Aufmerksamkeit des Forschenden zu Teil wird. Der Ursprung dieser Aufmerksamkeit hängt augenscheinlich mit der retrospektiven Einordnung der Kind(er)positionierungen zusammen. Dass der Forschende die gegenüber anderen Kindern separierte Positionierung von Marius bereits „häufiger“ wahrgenommen hat, verweist dabei auf ein iteratives, also sich wiederholendes Geschehen, das sich unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen auch dann einzustellen scheint, wenn Marius sich aktiv gegen die separierende Positionierung wendet und um Partizipation bemüht. Die dichte Beschreibung offenbart, dass der Forschende die Beobachtungen um Marius mit eigenen biografischen Erlebnissen verknüpft. Zwar werden die Evokationen im Sinne eines bewussten Hervorrufens von Erinnerungen mit Ausnahme des Solidarisierungsaspektes nicht weiter expliziert, doch lässt allein ihr bewusstes Aufkommen und die nachhaltige Materialisierung im Rahmen der dichten Beschreibung eine besondere Bedeutung des Geschehens für den Forschenden annehmen. Vor diesem Hintergrund erscheint es durchaus plausibel, dass die Aufmerksamkeit für die Positionierung von Marius und den mithin involvierten Kindern in dieser sowie in den erinnerten Situationen ursprünglich nicht allein in den Beobachtungen vor Ort liegt. Weitergehend scheint sie auch in der spezifischen Biografie des Forschenden begründet zu sein. Die einleitend benannte Konstitution des Feldes kann demnach nicht nur allgemein mit der Involviertheit des Forschenden in situ gefasst werden. Konkreter erweitert sich das Feld in seiner vermeintlich räumlich-zeitlichen Begrenzung auf die (Beobachtung in der) Kita um die (zurückliegende) Lebenswelt des Forschenden. Gegenstandsbezogen führt die daraus resultierende Aufmerksamkeit für das Geschehen schließlich zu einer konzentrierten und vergleichenden Betrachtung der beschriebenen Kind(er)positionierungen. Bei dieser rückt über die Kinder hinaus auch ein Besitz von Stöcken in den Fokus. Die dadurch wahrgenommenen materiellen Bezugnahmen, ließen sich sich im weiteren Verlauf des Forschungsprojektes immer wieder beobachten. Mit Blick auf das Forschungsinteresse konnten sie schließlich zu der vorläufigen Kategorie einer „Partizipation durch (nicht-)humane Verschränkungen“ verdichtet werden.

Was kann das für die Praxis bedeuten?

Mit der AAE wurde sich um die von Anderson (2006) postulierte Anerkennung von Forschenden als involvierte Akteur:innen in der Konstitution des Feldes bemüht. Die exemplarisch dargestellte biografisch begründete Fokussierung des Forschenden veranschaulicht, dass das, was wir beobachten, eng mit der betrachtenden Person in Verbindung steht (Bailey, 2020). Allgemeiner formuliert lässt sich somit nicht nur für die Forschung, sondern auch für die pädagogische Praxis bzw. die in ihr tätigen Fachkräfte für eine reflexive Anerkennung der eigenen Involviertheit plädieren. Am dargestellten Beispiel kann zwar kritisch angemerkt werden, dass die Beobachtung um die Stöcke und die damit thematisierte Dezentrierung des Kindes (Spyrou, 2018) im Sinne einer „Partizipation durch (nicht-)humane Verschränkungen“ etwaig auch ohne eine Auseinandersetzung mit der Fokussierung auf die eigene Person entstanden wäre. Doch gerade diese Auseinandersetzung hält Antworten auf weitergehende Fragen zum eingangs aufgerufenen Aspekt, inwiefern und mit welchen Implikationen Forschende als Akteur:innen das Feld konstituieren, bereit: Wen oder was (und warum) nehme ich insbesondere wahr? Wer oder was (und warum) gerät weniger bzw. gar nicht in meinen Blick? Welche Perspektivveränderungen kann ich vornehmen und zulassen? Kurzum: Es geht um ebenjene produktive Wendung einer immer schon subjektiven Involviertheit als (forschende:r) Akteur:in in die Konstitution des Feldes.

Zwei abschließende Gedanken zu Limitationen und Weiterentwicklung:

  • Auch wenn sich in der geforderten Reflexivität der AAE gerade nicht der Anspruch einer vermeintlichen Objektivierung ausdrückt, wird Reflexivität nicht selten damit verbunden. Dies aufgreifend schlägt Barad (2007) stattdessen den Begriff der Diffraktion vor und konzeptualisiert ihn im Sinne der AAE als eine bewusste Anerkennung der jeweils unterschiedlichen Involviertheit. So gewendet wird das Ziel einer Authentizität – statt Objektivität – des Wissens über die pädagogische Praxis ggf. unmissverständlicher zum Ausdruck gebracht.
  • Trotz aller Reflexion/ Diffraktion werden blinde Flecken verbleiben. Die kurze Sequenz zeigt, dass dies auch dann gelten kann, wenn die eigene Involviertheit (an)erkannt wird. So hat der Forschende nur andeutungsweise auf eigene Ausgrenzungserfahrungen rekurriert. Die fehlende Explikation verweist auf die herausfordernde Frage, was Forschende selbst von sich preisgeben wollen. Relativierend hat das Beispiel jedoch gezeigt, dass sich der produktive Einfluss bereits bei einer geringen Preisgabe ergeben kann.

Relevant erscheint vor diesem Hintergrund vor allem eine Haltung, bei der die eigene subjektive Involviertheit überhaupt anerkannt und ernstgenommen wird.

Literatur

Anderson, L. (2006). Analytic Autoethnography. Journal of Contemporary Ethnography, 35 (4), 373-395. https://doi.org/10.1177/0891241605280449

Bailey, S. (2020). Ethnography. In D. Cook (Hrsg.), The sage encyclopedia of children and      childhood studies (S. 734-735). London: SAGE Publications.

Balzer, N., Huf, C. (2019). Kindheitsforschung und ›Neuer Materialismus‹. In J. Drerup & G.     Schweiger (Hrsg.), Handbuch Philosophie der Kindheit (S. 50-58). Stuttgart: J.B. Metzler.

Barad, K. (2007). Meeting the Universe Halfway: Quantum Physics and the Entanglement of Matter and Meaning. Durham: Duke University Press.

Charmaz, K. (2014). Constructing Grounded Theory. London: Sage.

Garske, P. (2014). What’s the „matter“? Der Materialitätsbegriff des „New Materialism“ und dessen Konsequenzen für feministisch-politische Handlungsfähigkeit. Prokla 44 (174). https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/issue/view/17

Göbel, S. (2018). Alltagspraktiken in Kindertageseinrichtungen. Wiesbaden: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22916-0

Gottowick, V. (1997). Konstruktionen des Anderen. Clifford Geertz und die Krise der ethnographischen Repräsentation. Berlin: Dietrich Reimer.

Höke, J. (2016). Als Gruppensprecher muss man schwindelfrei sein. Kinderperspektiven auf formale Partizipationsstrukturen in der Kita. ZSE Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 36 (3), 298-313.

König, A. (2021). Kinderrechte. Historische Ansatzpunkte und aktuelle Diskurse. Eine pädagogische Reflexion. In Pestalozzi-Fröbel-Verband (Hrsg.), Wir haben Rechte! Ein Blick auf Kinderrechte, Partizipation und Demokratie in der Kita (S. 9-15). Weimar: Verlag das Netz.

Kuhn, M., Neumann, S. (2015). Verstehen und Befremden. Objektivierungen des ‚Anderen‘ in     der ethnographischen Forschung. ZQF (1), 25-42.                https://doi.org/10.3224/zqf.v16i1.22852

Mierendorff, J. (2018). Kindheitsforschung. In K. Böllert (Hrsg.), Kompendium Kinder- und      Jugendhilfe (S. 1453–1475). Springer Fachmedien Wiesbaden.

Neumann, S. (2013). Unter Beobachtung. Ethnografische Forschung im frühpädagogischen    Feld. ZSE – Zeitschrift für Soziologie der Erziehung und Sozialisation, 33 (1), 10-25.

Neumann, S., Kuhn, M., Hekel, N., Brandenberg, K. & Tinguely, L. (2019). Der institutionelle Sinn der Partizipation. Befunde einer ethnografischen Studie in schweizerischen Kindertageseinrichtungen. In A. Sieber Egger, G. Unterweger, M. Jäger, M. Kuhn & J. Hangartner (Hrsg.), Kindheit(en) in formalen, nonformalen und informellen Bildungskontexten. Ethnografische Beiträge aus der Schweiz (S. 321-342). Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23238-2_16

Spyrou, S. (2018). Disclosing Childhoods. Research and Knowledge Production for a            Critical            Childhood Studies. London: Palgrave Macmillan.

Tesar, M. & Arndt, S. (2016). Vibrancy of Childhood Things. Cultural Studies ↔ Critical             Methodologies, 16(2), 193-200. https://doi.org/10.1177/1532708616636144


[1] Vollständiger Titel des Dissertationsprojekt: „Partizipation als un-bestimmtes Phänomen“ –(Auto)Ethnografische Befunde zur Re-Konstitution von Akteur:innenschaft durch materiell-diskursive Intra-aktionen“

[2] Posthumanistische Perspektiven bemühen sich um eine Überwindung traditioneller Vorstellungen von Menschlichkeit und sensibilisieren für eine Fluidität vermeintlicher Grenzen zwischen menschlichen und nicht menschlichen Elementen.

[3] Der Begriff Methodologie bezieht sich auf die systematische Vorgehensweise und die Grundsätze, die bei der Durchführung von wissenschaftlichen oder analytischen Untersuchungen verwendet werden.

Sprach(en)bewusste Pädagogik in Kindertageseinrichtungen unter Berücksichtigung geflüchteter Kinder aus der Ukraine

| Elisa Tessmer |

Einleitung

Das Thema der alltagsintegrierten Sprach(en)bildung in Kindertageseinrichtungen hat in den letzten fünfzehn Jahren einen bedeutenden Relevanzzuwachs erfahren. Dieser zeigt sich unter anderem durch hohe Investitionen aus der Politik sowie einem höheren Stellenwert in den Bildungs- und Orientierungsplänen, die eine Grundlage für die pädagogische Arbeit schaffen. Die spezifischen Bedürfnisse geflüchteter Kinder sind seit 2015 zunehmend in die Diskussion eingeflossen. Durch die aktuelle Zuwanderung ukrainischer Geflüchteter müssen die damit einhergehenden spezifischen Bedürfnisse der Kinder sowie die Anforderungen für die pädagogische Arbeit neu gedacht werden. Dabei stehen die professionellen Ansprüche aktuell in einem Spannungsfeld zu den ohnehin schon angespannten Arbeitsbedingungen, die insbesondere durch einen hohen Fachkräftemangel bei zugleich steigenden Erwartungen an die pädagogischen Fachkräfte bestimmt sind.

Das Phänomen: Monolingualer Habitus als bestehendes Element pädagogischer Haltungen

Eine Fokussierung des Erwerbs sowie der Kompetenzerweiterung der deutschen Sprache ist innerhalb des Kita- und Schulsystems nach wie vor vorzufinden. Gogolin (2008) und Dirim (1998) kritisieren diese Sichtweise, die im Kontext der Kindertageseinrichtungen insbesondere durch das Konzept der Schulfähigkeit getragen wird, mit der Bezeichnung des ‚monilingualen Habitus‘. Dem gegenüber steht die Perspektive, eine vorhandene Mehrsprachigkeit als besondere Ressource wahrzunehmen und zu unterstützen (vgl. u. a. Fleckenstein et al. 2017, S. 97ff.; Roth 2006, S. 11ff.).

Seit Kriegsbeginn befinden sich über 20 Millionen ukrainische Menschen auf der Flucht, von denen im Jahr 2022 über eine Millionen Zugänge in Deutschland registriert wurden (vgl. destatis 2023). Die Anzahl ukrainisch geflüchteter Kinder in Kindertageseinrichtungen ist nicht systematisch erhoben. Der Anteil der Säuglinge und Kleinkinder ist jedoch verhältnismäßig hoch und nach der Zuweisung zu einer Kommune besteht ab dem vollendeten ersten Lebensjahr ein Rechtsanspruch auf Betreuung (vgl. Deutscher Bildungsserver 2022), sodass hieraus ein hoher Bedarf abgeleitet werden kann. Dieser Effekt verstärkt die ohnehin bestehende Heterogenität im Kitaalltag. Der prozentuale Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund lag in den Kindertageseinrichtungen vor Kriegsbeginn bereits bei knapp 30 % (vgl. bpb 2021). An dieser Stelle sei explizit darauf hingewiesen, dass zwischen einem Migrationshintergrund und einem sprachlichen Förderbedarf kein kausaler Zusammenhang hergestellt werden darf. Insbesondere Kinder mit nur einem ausländischen Elternteil, die multilingual erzogen werden, können von dem Beherrschen mehrerer Sprachen profitieren und daher äußerst sprachbegabt sein. Der Anteil der Kinder, die im Elternhaus kein Deutsch sprechen, nimmt jedoch zu und bei diesen Kindern ist häufig von einem besonderen sprachlichen Unterstützungsbedarf auszugehen, da die Sprachkontakte zur deutschen Sprache bis zum Eintritt in die Kindertageseinrichtung in diesem Fall als gering einzuschätzen sind.

Die damit verbundenen steigenden Anforderungen an Fachkräfte treffen auf zunehmende qualitative Forderungen an die pädagogische Arbeit sowie einen kontinuierlich steigenden Fachkräftemangel. Dieser ist im Feld der Elementarpädagogik im Wesentlichen bestimmt durch eine sukzessive Ausweitung des Rechtsanspruches auf frühkindliche Betreuung, steigenden Geburtenraten in den letzten Jahren und eine Ausweitung der Ganztagsbetreuung auch im Bereich der Primarstufe (vgl. u.a. Bock-Famulla et al. 2020, S. 7ff.).

Wie wurde das Phänomen untersucht?

Im Rahmen eines Dissertationsprojektes wurden pädagogische Fachkräfte mithilfe eines Fragebogens sowie anhand von Gruppendiskussionen zum Thema der alltagsintegrierten Sprach(en)bildung befragt. Die Erhebung mittels Fragebogen fand im Jahr 2016 statt. Hierzu wurden Fragebögen in Printform an niedersächsische Kindertageseinrichtungen verteilt. Die Kontaktaufnahme erfolgte per E-Mail sowie über den Kontakt von Supervisorinnen. Insgesamt beteiligten sich 345 pädagogische Fachkräfte aus 90 Kindertageseinrichtungen. Die Rücklaufquote lag damit bei 44,8 %. Von den teilnehmenden Einrichtungen beteiligten sich wiederum neun Kindertagesstätten im Anschluss an Gruppendiskussionen, in denen insgesamt 50 pädagogische Fachkräfte involviert waren. Des Weiteren stellten pädagogische Fachkräfte aus drei Einrichtungen Videoaufnahmen zur Verfügung, die von ihnen für Supervisionszwecke angefertigt wurden (vgl. Tessmer 2021, S. 167ff.).

In den 90 befragten Einrichtungen wurden insgesamt 7.769 Kinder betreut. Zur damaligen Zeit waren hierunter 2,45% geflüchtete Kinder inkludiert. Es zeigte sich jedoch zwischen den Einrichtungen eine hohe Varianz – gut ein Drittel der Einrichtungen betreute zum Erhebungszeitpunkt keine Kinder mit Fluchterfahrung, einzelne Einrichtungen wiesen hingegen einen hohen Anteil an Kindern mit Fluchterfahrung auf. Bei den Kindern mit Migrationshintergrund ohne eigener Fluchterfahrung konnten Russisch (23,3%), Polnisch (14,9%) und Türkisch (14,0%) als meist gesprochene Erstsprachen konstatiert werden. Insgesamt wurden 31 unterschiedliche Erstsprachen aufgeführt, bei den Kindern mit Fluchterfahrung wurden 18 verschiedene Herkunftssprachen genannt (vgl. ebd. S. 173f.). Dieses Sample veranschaulicht damit beispielhaft den großen Sprachreichtum, der in Bildungsinstitutionen existiert und als Ressource genutzt werden kann.

Wie sind die Ergebnisse?

Obgleich einige Fachkräfte die Mehrsprachigkeit der Kinder positiv bewerten und teilweise explizit in den Alltag einbeziehen, existieren auch Ressentiments der pädagogischen Fachkräfte gegenüber des Gebrauchs anderer Erstsprachen als der deutschen Sprache, die insbesondere innerhalb durchgeführter Gruppeninterviews deutlich werden. Hierbei zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Erstsprachen, die zum Teil mit dem Konzept des Sprachprestige (vgl. u.a. Haarmann 1990) zu erklären sind. So wird beispielsweise ein Junge mit thailändischer Erstsprache als sehr motiviert beschrieben und die Schnelligkeit des Spracherwerbs der deutschen Sprache positiv hervorgehoben. Die geflüchteten Kinder werden von den pädagogischen Fachkräften innerhalb mehrerer Gruppeninterviews als sehr bemüht dargestellt, die deutsche Sprache zu erlernen und ihnen wird ein Verständnis für Verständigungsprobleme entgegengebracht. In der Kommunikation mit den Eltern wird dabei auf Übersetzungstools oder Ähnliches zurückgegriffen. Demnach greift das Konzept des Sprachprestige als Erklärungsmodell für die Haltungen der pädagogischen Fachkräfte an dieser Stelle nicht. In Studien zum Sprachprestige einzelner Sprachen konnte gezeigt werden, dass Sprachen wie Russisch, Arabisch und Türkisch als ‚eher unsympathisch‘ empfunden werden, im Vergleich zu Französisch, Englisch, Italienisch und Spanisch als ‚eher sympathische‘ Sprachen (vgl. Adler/Silveira 2021, S. 4). In den Gruppeninterviews waren hingegen vor allem die Kinder mit russischer oder polnischer Erstsprache mit Ressentiments konfrontiert. Mehrere Fachkräfte vermuten, dass die russische oder polnische Sprache von den Kindern bewusst verwendet wird, um beispielsweise Schimpfwörter zu äußern. Dieses Argument dient dabei teilweise auch für das Erteilen von Verboten, sich in anderen Erstsprachen als der deutschen Sprache zu unterhalten. Die negative Sichtweise begründet sich daraus, dass die Kinder in der deutschen Sprache ebenfalls über ausreichende Sprachkompetenzen verfügen, sodass sie sich in beiden Sprachen verständigen können. Dass das Code-Switching – also der Wechsel zwischen den unterschiedlichen Sprachen – jedoch ein normales Sprechverhalten bei mehrsprachigen Sprecher:innen darstellt und zum Teil unbewusst oder adressaten- bzw. themenorientiert erfolgt (vgl. u.a. Müller 2017), wird von den pädagogischen Fachkräften nicht gesehen. Das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen wären weitere pädagogische Argumente dafür, Kindertageseinrichtungen als mehrsprachigen Sprachraum zu gestalten, die insbesondere bei Kindern mit Fluchterfahrung von besonderer Bedeutung sind. Die Kinder werden damit zudem in ihrer Lebenswelt und mit ihren Erfahrungen ernstgenommen, was gleichzeitig positive Effekte auf die Beziehungsgestaltung haben kann.

Was kann das für die Praxis in Kindertageseinrichtungen bedeuten?

In mehreren Untersuchungen (vgl. u.a. Müller-Using/Speidel 2015; Wertfein/Wirts/Wildgruber 2015; Fried 2013) konnte gezeigt werden, dass sprachunterstützende Situationen, wie das Sustained Shared Thinking, innerhalb des pädagogischen Alltags verhältnismäßig selten vorkommen. Hierbei wird ein problemlösendes Denken und Weiterentwickeln forciert, welches von einer intensiven dialogischen Interaktion geprägt ist (vgl. Siraj-Blatchford et al. 2010, S. 21ff.). Die Interaktionen im pädagogischen Alltag sind hingegen häufig beeinflusst von Unterbrechungen sowie Störungen. Diese Tatsache wurde ebenfalls im Rahmen der Gruppeninterviews innerhalb des Dissertationsprojektes angeführt (vgl. Tessmer 2021, S. 206ff.). Ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, feste Bezugspersonen sowie möglichst störungsfreie Interaktionen sind Rahmenbedingungen, die bei geflüchteten Kindern von besonderer Relevanz sind. Für jene Formen bedarf es jedoch gleichwohl Rahmenbedingungen, die ein intensives Einlassen auf einzelne Kinder ermöglichen. Die aktuellen Rahmenbedingungen unter dem Einfluss des Fachkräftemangels machen es für pädagogische Fachkräfte immer schwieriger, jene unterstützenden Verhaltensweisen zu gestalten.

Die Datenerhebung innerhalb des Dissertationsvorhabens fand vor dem Ukrainekrieg statt. Hier zeigten sich deutliche Unterschiede in der Haltung der pädagogischen Fachkräfte zwischen geflüchteten Kindern und russisch oder polnischsprachigen Kindern. Daher kann keine valide Aussage darüber getroffen werden, inwieweit sich die Einstellungen der Fachkräfte diesbezüglich geändert haben. Dies betrifft vor allem die Vorbehalte gegenüber des Gebrauchs anderer Erstsprachen als der deutschen Sprache im pädagogischen Alltag. Vorhandene Sprachfähigkeiten der Kinder, die neben dem Deutschen auch Russisch, Polnisch oder Ukrainisch darstellen, könnten nun als besondere Ressource wahrgenommen werden. Die Kinder könnten gerade zur Anfangszeit, als Übersetzer:innen fungieren. Hierbei sind jedoch weitere pädagogische Aspekte zu berücksichtigen. Hierunter zählen insbesondere die Verantwortung, die den Kindern damit zugemutet wird, aber auch gruppendynamische Fragen von Inklusion und Exklusion. Zugleich könnte der Aspekt des Sicherheitsgefühls für die geflüchteten Kinder, welches durch den Gebrauch der Herkunftssprachen unterstützt werden kann, stärker ins Bewusstsein der pädagogischen Fachkräfte geraten. Ein weiterer Aspekt, der sich insbesondere innerhalb der Gruppeninterviews gezeigt hat, bildet die Homogenisierung der ‚Gruppe geflüchteter Kinder‘. Es zeigte sich beispielsweise, dass die pädagogischen Fachkräfte teilweise nicht genau differenzieren konnten, welche Herkunftssprachen die geflüchteten Kinder sprechen. Diese homogene Betrachtungsweise differenziert sich durch die zunehmende Anzahl geflüchteter ukrainischer Kinder vermutlich zumindest zu einer Dualität. Inwieweit die damit verbundene steigende Heterogenität innerhalb der geflüchteten Kinder zu einer grundsätzlich differenzierteren Wahrnehmung der pädagogischen Fachkräfte beiträgt, könnte ebenfalls in weiteren Untersuchungen erforscht werden. Ein weiteres Forschungsdesiderat entsteht in dem Spannungsfeld von zunehmender Zuwanderung und einem steigenden Fachkräftemangel. Kinder, die ohne (oder mit sehr geringen) Kenntnissen in der deutschen Sprache in eine Einrichtung aufgenommen werden, benötigen eine besondere Aufmerksamkeit seitens der pädagogischen Fachkräfte. Bei geflüchteten Kindern ist dies aufgrund der Erfahrungen vor und während der Flucht in besonderem Maße relevant, gleichzeitig machen die Entwicklungen des Feldes – bedingt durch den stetig steigenden Fachkräftemangel – es für die pädagogischen Fachkräfte immer schwerer, diesen individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Literatur

Adler, A.; Silveira M. R. (2021): Einstellungen zu Sprachen und mehrsprachigen Kindergärten. Sprache in Zahlen. Folge 5. In: Sprachreport Jg. 37 (2021) Nr. 4, S. 4-9.

Bock-Famulla, K./Münchow, A./Frings, J./Kempf, F./Schülz, J. (2020): Länderreport Frühkindliche Bildungssysteme 2019. Transparenz schaffen – Governance stärken. Gütersloh.

Bundeszentrale für politische Bildung (2021): Datenreport 2021. Kinder mit Migrationshintergrund in Kindertagesbetreuung. Online verfügbar unter: https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/datenreport-2021/familie-lebensformen-und-kinder/329586/kinder-mit-migrationshintergrund-in-kindertagesbetreuung/ [29.04.2023].

Deutscher Bildungsserver (2022): Flüchtlingskinder in Kitas. Online verfügbar unter: https://www.bildungsserver.de/fluechtlingskinder-in-kitas-11436-de.html [29.04.2023].

Dirim, İ. (1998): «Var mɪ lan Marmelade?». Türkisch-deutscher Sprachkontakt in einer
Grundschulklasse. Münster: Waxmann Verlag.

Fleckenstein, J.; Möller, J.; Baumert J. (2017): Mehrsprachigkeit als Ressource. Kompetenzen dual-immersiv unterrichteter Schülerinnen und Schüler in der Drittsprache Englisch. In: ZfE (2018) 21: Wiesbaden: Springer Fachmedien. Seite 97–120.

Fried, L. 2013: Die Qualität der Interaktionen zwischen frühpädagogischen Fachkräften und Kindern – Ausprägungen, Moderatorvariablen und Wirkungen am Beispiel DO_RESI. In: Fröhlich-Gildhoff, K./Nentwig-Gesemann, I./König, A./Stenger, U./Weltzien, D. (Hrsg.). Forschung in der Frühpädagogik VI. Schwerpunkt: Interaktion zwischen Fachkräften und Kindern. Materialien zur Frühpädagogik. Freiburg: FEL Verlag. Seite 35-58.

Gogolin, I. (2008): Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule. 2. Auflage. Münster: Waxmann Verlag. Seite 78-105.

Haarmann, H. (1990): Sprache und Prestige. Sprachtheoretische Parameter zur Formalisierung einer zentralen Beziehung. Zeitschrift für romanische Philologie Band  106, Heft 1/2.

Müller, N. (2017). Code-Switching. Tübingen: Narr Francke Attempto

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Tessmer, E. (2021): Sprachendidaktik in der Frühpädagogik. Eine Analyse alltagsintegrierter Sprachenbildung unter Berücksichtigung institutioneller Rahmenbedingungen. Opladen, Berlin & Toronto: Budrich Academic Press.

Wertfein, M./Wirts, C./Wildgruber, A. (2015): Bedingungsfaktoren für gelingende Interaktionen zwischen Erzieherinnen und Kindern. Ausgewählte Ergebnisse der BIKE-Studie. IFP-Projektbericht 27/2015. Handlungsfeld: (Weiter-)Entwicklung von Curricula. Online verfügbar unter: www.ifp.bayern.de [07.05.2019].

Netzwerk kindheitspädagogische Hochschuldidaktik: Diskurse an der Schnittstelle zwischen Disziplinentwicklung und Professionalisierung

| Ina Kaul & Peter Cloos |

Ausgangslage

Sozial- und kindheitspädagogische Fachkräfte erbringen für die Gesellschaft essentielle Leistungen. Zugleich ist sozial- und kindheitspädagogisches Handeln[1] geprägt von Ungewissheiten, widersprüchlichen Anforderungen und von Deutungsoffenheit (Schütze 2000; Cloos 2020). Die professionellen Fachkräfte sind gefordert, trotz fehlender konkreter empirischer Absicherung, folgenschwere Entscheidungen zu treffen (Schütze 2007) sowie dieses Handeln reflexiv unter Einbezug von professionellen Methoden und professionsethischen Richtlinien abzusichern. Professionelle müssen ihr Handeln stetig zwischen der Anwendung von (routiniertem) und regelhaftem Wissen und dem Verstehen und Durchdringen des konkreten Falls ausbalancieren. Im Sinne einer so reflektierten Praxis kann professionelles Handeln als Wissensarbeit verstanden werden, die sich am jeweiligen Fallbezug bewährt. Das über Qualifizierungen erworbene Wissen einer höhersymbolischen Sinnwelt (Schütze 2007) – also wissenschaftliches und damit verifizierbares Wissen, was als valide gilt – ist auf die konkrete pädagogische Alltagspraxis insgesamt und fallgebunden anzuwenden. Dabei wird von Professionellen verlangt, sowohl eine genaue Deutung des Problems unter Beachtung der jeweiligen Besonderheit des Falles vorzunehmen als auch die Fähigkeit aufzuweisen, alternative Lösungswege gegeneinander abzuwägen. Dies erfordert die Kompetenz des hermeneutischen Fallverstehens, der Fähigkeit, die pädagogische Situation auf Grundlage des komplexen Wissens aus unterschiedlichen Wissensbereichen (North/Güldenberg/Dick 2016) kontextbezogen in Bezug auf den jeweiligen Fall zu verstehen (Oevermann 2007). Zugleich ist sozial- und kindheitspädagogisches Handeln in der Regel in organisationale Kontexte eingebettet und aufgefordert, die historisch gewachsenen gesamtgesellschaftlichen, rechtlichen und sozial- und bildungspolitischen Bedingungen und (begrenzten) Möglichkeiten professionell-organisationalen Handelns zu reflektieren (Schütze 2007; Meiner-Teubner/Fuchs-Rechlin 2021). Ziel ist letztlich die Aushandlung hinsichtlich eines adäquaten Handelns im Sinne der Adressat*innen, aber auch mit Bezug zur eigenen Professionsethik und mit Blick auf die gesellschaftspolitischen und organisationalen Rahmungen.

Was will NetKiD und welche Überlegungen sind zentral?

Wird diesen Überlegungen gefolgt, sind sozial- wie kindheitspädagogische Qualifizierungskontexte an Professionalisierungszielen auszurichten, die auf Konzepten einer reflexiven „Verwissenschaftlichung“ (Cloos 2020, S. 164) basieren. Dies bedeutet für Lehr-Lernzusammenhänge die Ermöglichung, das zukünftige pädagogische Handeln zwischen Wissen, Können und Reflexion auszubalancieren. Für die hochschulische sozial- und kindheitspädagogische Lehre ist demnach einerseits eine Vermittlung und Auseinandersetzung mit umfassendem, kontextunabhängigem, spezifischem und abstraktem wissenschaftlichen Wissen zentral, welches sich – erziehungswissenschaftlich konturiert – auch aus unterschiedlichen disziplinären Kontexten speist (Cloos 2020). Andererseits ist darauf vorzubereiten, die spezifischen und individuellen Lebenslagen und Lebenswelten der Adressaten*innen sowie die jeweils unterschiedlich pädagogischen Kontexte in den Blick zu nehmen, um entsprechend fall- und situationsorientiert sowie individuell, aber auch übergreifend kollektiv  handeln zu können. Dem entsprechend bedarf es Lehr-Lernarrangements, die es ermöglichen, bisherige habituelle Orientierungen[2] durch das Studium zu irritieren und unterschiedliche Wissensbestandteile (theoretisches, biografisches, praxisbezogenes Wissen) entsprechend handlungsbezogen und fallspezifisch anzuwenden. Nicht zuletzt ist die eigene Handlungspraxis zu reflektieren, um sich als professionelle*r Akteur*in zu positionieren. Reflexion ist dabei als eine genuin pädagogisch-habituelle Orientierung zu verstehen und als wesentliche Grundlage pädagogischen Handelns anzuerkennen (grundlegend hierzu Zehbe/Kaul 2024; Nentwig-Gesemann et al. 2011).

Für Lehrkontexte ist damit eine Verzahnung von Wissen, Reflexion und Handeln bedeutsam und unerlässlich, welches Studierenden die Möglichkeit gibt, sich mit theoretischen, interdisziplinären Zugängen, dem eigenen Gewordensein aufgrund biografischer Erfahrungen, aber auch dem zumeist bereits erlebten Zusammenhängen pädagogischer Praxis, z. B. über Praktika, auseinanderzusetzen. Um diesen Anforderungen über Qualifizierungskontexte gerecht zu werden, scheint es erforderlich und aufschlussreich, sich dem konkreten Studium und damit dem hochschulischen Professionalisierungsprozess zu widmen: Die vielfältigen Lehr-Lern-Prozesse und Arrangements sozial- und kindheitspädagogischer Studiengänge sind bisher kaum in den Blick gekommen und es ist zu klären, was hier mit welchem Ziel in welcher Form eine Professionalisierung befördert.

Zudem zeigt sich, dass sich aufgrund gestiegener Professionalisierungsbedarfe in der Sozial- und Kindheitspädagogik (Hechler/Hykel/Pasternack 2021) das Feld der Qualifizierung erheblich ausdifferenziert hat. So sind bspw. unterschiedliche Studiengänge entstanden, die sich mit Fragen der Gestaltung und Begleitung kindlichen Aufwachsens befassen, die aber unterschiedlichen Fachbereichen zugeordnet sind: Kindheitspädagogik, Erziehungswissenschaft, Sozialpädagogik, Humanwissenschaften. Nicht zuletzt ist in dieser Reihung auch die berufliche Fachrichtung Sozialpädagogik zu nennen, die insbesondere für Lehr-Lern-Kontexte der Aus-, Fort- und Weiterbildung (u.a. für Fachschulen der Sozialpädagogik) qualifiziert. Eine sozial- und kindheitspädagogische Hochschuldidaktik muss auch der Vielfalt dieser hochschulischen Kontexte gerecht werden.

Wie gehen wir deswegen vor: Spezifika einer sozial-bzw. kindheitspädagogischen Hochschuldidaktik

Hochschuldidaktik ist eine wesentliche Schnittstelle für Qualifizierungsprozesse (Arn 2017; Heiner 2013). Eine sozial- bzw. kindheitspädagogische Hochschuldidaktik zeichnet sich jedoch nochmals durch zwei wesentliche Perspektiven aus, die an die Lehrpraxis bestimmte Ansprüche richtet. Sie zielt erstens darauf ab, Studierende für die vielfältigen früh- und sozialpädagogischen Tätigkeiten und Praxisfelder zu qualifizieren (u. a. Studiengangstag Pädagogik der Kindheit 2015), um als pädagogische Expert*innen agieren zu können, die eigenverantwortlich, selbständig und fachlich begründet denken und handeln (Nentwig-Gesemann 2017, S. 236). Die Schwerpunkte der späteren handlungspraktischen Tätigkeiten liegen dann „in der erkenntnisgenerierenden Erforschung, der Konzeptionierung und der didaktischen, organisationalen und sozialräumlichen Unterstützung von Bildung, Erziehung und Betreuung in Kindheit und Familie. Dies schließt die wissenschaftlich begründete, kritische Reflexion gesellschaftlicher Konstruktionen und Bedingungen von Kindheit und Familie sowie die Mitwirkung an der sozialen, politischen und kulturellen Gestaltung und Sicherung eines guten und gelingenden Aufwachsens von Kindern ein“ (Studiengangstag Pädagogik der Kindheit 2015, S. 2). Damit muss Lehre im Kern eine Verhältnisbestimmung von Wissen, Können und Reflexion ermöglichen, die einen starken Theorie-Praxis-Bezug mit dem Anspruch einer dialogischen Wissenstransformation (Göbel/Kaul/Schmidt 2020) stützt. Dies bedeutet dann auch, dass theoretisches bzw. empirisches Wissen nicht eindimensional von der hochschulischen Lehre in die Praxis überführt werden kann, sondern ebenso zu berücksichtigen ist, dass auch in Praxis bedeutsames Wissen vorhanden ist. Dies heißt, es bedarf nicht nur besonderer Übersetzungsleistungen durch Lehrende, sondern didaktische Formen, die es ermöglichen, wissenschaftliches Wissen in den Dialog zu (berufs-)biografische Erfahrungen und dem (möglicherweise) in Praxiskontexten bereits gewonnenen Wissen zu bringen. Ein Theorie-Praxis-Bezug ist demnach mehrdimensional anzulegen.

Zweitens muss sich Hochschuldidaktik in den angesprochenen Qualifizierungsfeldern der Besonderheit des doppelten Vermittlungsbezugs über Lehr-Lern-Kontexte bewusst sein, die zumeist nur für die Lehrer*innenbildung thematisiert wird (u.a. Wahl 2001; Göddertz/Karber 2019; Kaul 2024). Das bedeutet: Hochschullehrende arbeiten gemeinsam mit Studierenden, die in der Handlungspraxis Bildungsprozesse anstoßen und begleiten sollen. Es geht demnach darum, Bildungsprozesse bei Studierenden anzuregen, die später selbst Bildungsprozesse bei Adressat*innen herstellen, begleiten und gestalten. Für Studiengänge, die auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung abzielen und u.a. für die Lehre an Fachschulen/Fachakademien für Sozialpädagogik ausbilden, ist von einer dreifachen Vermittlungspraxis auszugehen: In der Hochschule werden zukünftige Lehrende qualifiziert, die in der Berufsbildung Schüler*innen lehren, die in der späteren Praxis Kinder und Jugendliche in Bildungs- und Erziehungssettings begleiten. Der dabei entstehende Doppelbezug und die Dopplung von Lehr-Lern-Prozessen bringt für Fragen der Hochschuldidaktik besondere Spannungs- und Reflexionsfelder mit (Kaul 2024).

Das Ergebnis dieser Überlegungen: Netzwerk kindheitspädagogische Hochschuldidaktik

Mit Blick auf die genannten Herausforderungen und Besonderheiten einer sozial- wie kindheitspädagogischen Lehre ist an die vorausgegangenen Überlegungen zusammenfassend zu festzuhalten, dass theoretische Diskurse, empirische Arbeiten und konzeptionelle Vorschläge zu einer sozial- und kindheitspädagogischen Hochschuldidaktik kaum zu finden sind. Diesem Desiderat widmet sich das 2021 neu gegründete Netzwerk kindheitspädagogische Hochschuldidaktik (NetKiD). Dieses hat sich das Ziel gesetzt, in diesem Forschungs- und Handlungsfeld Grundlagen zu erarbeiten und zu diskutieren, Konzepte und Methoden zu entwickeln sowie zu etablieren und nicht zuletzt über empirische Forschung zu einer Konsolidierung einer sozial- bzw. kindheitspädagogischen Hochschuldidaktik beizutragen. Damit leistet das Netzwerk einen nachhaltigen Beitrag sowohl zur disziplinären Entwicklung und Ausdifferenzierung als auch zur Qualitätssicherung und -steigerung von sozial- bzw. kindheitspädagogischen Lehr-Lern-Kontexten und -prozessen für Studierende an deutschen Hochschulen und Universitäten. Die direkte Verzahnung der Netzwerkarbeit mit Studierenden der Studiengänge ermöglicht zudem einen dialogischen Theorie-Praxis-Transfer (Sehmer/Marks/Thole 2019; Blatter/Schelle 2022).

Das Netzwerk möchte folgende Felder bearbeiten:

Grundlagen: Das Netzwerk strebt an,eine theoriebasierte Kartografie und Verhältnisbestimmung von sozial- und kindheitspädagogische (Hochschul-)Didaktik zu erarbeiten. Befragt werden dabei v.a. Lehr-Lern-Arrangements auf ihre Bedeutsamkeit für die Professionalisierung und Qualifizierung (angehender) pädagogischer Fachkräfte. Auf diese Weise will das Netzwerk die Entwicklung entsprechender Lehr-Lern-Kontexte nachhaltig fördern und die Qualität in der Lehre befragen und vorantreiben (bspw. Cloos/Jung 2021; Lochner/Kaul/Gramelt 2021; Zehbe/Kaul 2024). Erste kindheitspädagogische Publikationen beschäftigen sich bereits intensiver mit spezifischen hochschuldidaktischen Zugängen, wie dem forschenden Lernen (Lochner/Kaul/Gramelt 2021; Gerstenberg 2022a; Zehbe/Kaul 2024), der kasuistischen Fallarbeit (Gerstenberg 2022b; Krähnert/Zehbe/Cloos 2022) und der Vermittlung von Reflexivität (Kaul/Zehbe 2024). Hieran möchte das Netzwerk anschließen.

Konzepte und Methoden: Aufbauend auf der Erarbeitung und Vermessung hochschuldidaktischer Grundladen werden Konzepte und Methoden einer kindheitspädagogischen Hochschuldidaktik sowie angrenzende Fragen aus sozialpädagogischer Perspektive (weiter)entwickelt, erprobt und mit fachwissenschaftlichen und hochschulpolitischen Akteur*innen diskutiert. Besondere Beachtung findet hierbei der Umgang mit Diversität, sowohl hinsichtlich der potenziell diversen Lerngruppen in der Hochschullehre als auch im Sinne eines Schlüsselkonzepts für kindheitspädagogisches Handeln im Sinne des doppelten Vermittlungsprinzips (bspw. Cloos et al. 2018 u. w.; Cloos/Garbade 2022; Cloos/Gerstenberg; Kubandt 2021).

Forschung: Das Netzwerk identifiziert Forschungsdesiderate der sozial- und kindheitspädagogischen Hochschuldidaktik und entwickelt darauf aufbauend Forschungsperspektiven und -vorhaben. Dies erfolgt in Verknüpfung mit der Auseinandersetzung mit den Grundlagen, Konzepten und Methoden einer sozial- und kindheitspädagogischen Hochschuldidaktik, die explizit die Qualität der Lehr-Lernprozesse anvisiert und im Sinne der Third Mission Lehr-Forschungsverzahnungen realisiert. Auf diese Weise sollen eine sozial- und kindheitspädagogische Hochschuldidaktik und damit verbundene Konzepte und Methoden empirisch abgesichert und weiter ausdifferenziert werden.

Was kann das für die kindheitspädagogische Praxis bedeuten?

Im Netzwerk werden hochschuldidaktische Fragen der sozial- und kindheitspädagogischen Lehre an den drei Schnittstellen Grundlagen, Konzepte und Methoden sowie Forschung mit der Perspektive auf die hochschulische Qualifizierung und Professionalisierung von sozial- und kindheitspädagogischen Fachkräften über einen kontinuierlichen vernetzten Austausch über Bundesland- und Hochschulgrenzen hinweg, aber auch durch Publikationen und Tagungen angeregt.

Zusammenfassung

Sozial- und kindheitspädagogische Lehrpraxis, die den oben diskutierten Grundannahmen und Implikationen zur Entwicklung beruflich-habitueller Profile (Cloos/Lochner 2021) bei Studierenden Rechnung tragen will, muss demnach kritische Reflexionen ermöglichen und den Raum für die Thematisierung von Irritationen anbieten, um Anschlüsse und Aneignungsprozesse zu begleiten und zu unterstützen. Für die Gestaltung von Lehr-Lern-Arrangements ist daher eine fragende, verstehende und kritische-reflexive Lehrorientierung notwendig (Kaul 2024; Zehbe/Kaul 2024). Damit sind auch Lehrkonzepte immer wieder kritisch zu hinterfragen oder auch zur diskutieren. Benötigt wird aber auch empirisches Wissen beispielsweise darüber, wie sich in der Berufsbiografie beruflich-habituelle Profile herausbilden, wie das Verhältnis von „herkunfts-, organisations-, berufs- und handlungsfeldspezifischen habituellen Differenzen“ (Bischoff-Pabst/Cloos 2019, S. 347) kindheitspädagogisch (oder auch sozialpädagogisch) zu denken ist und welche Bedeutung dabei hochschulischen Lehr- und Lernkontexten zukommt. Das Netzwerk kindheitspädagogischer Hochschuldidaktik möchte diesen Fragen nachgehen und damit einen Beitrag zur weiteren Fundierung sozial– und kindheitspädagogischer Hochschulqualifizierung leisten.

Literaturverzeichnis

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Blatter, Kristine/Schelle, Regine (2022): Wissenstransfer in der frühen Bildung. Modelle, Erkenntnisse und Bedingungen. Expertise. München: DJI.

Cloos, Peter (2020): Kindheitspädagogik als Projekt. Überlegungen zu einem sich neu konturierenden Forschungs-, Praxis- und Professionsfeld. In: Cloos, Peter/Lochner, Barbara/Schoneville, Holger (Hrsg.): Soziale Arbeit als Projekt. Konturierungen von Disziplin und Profession. 1. Auflage 2020. Wiesbaden: Springer VS. S. 159–170.

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Gerstenberg, Frauke. „Jeder Papierfall (k)ein Realfall? Zum Verhältnis von Fallverstehen und Forschendem Lernen im Kontext kindheitspädagogischer Hochschullehre. Plattform für Forschungs- und Fallorientiertes Lernen: Fallzentrale – Hildesheim: Universitätsverlag Hildesheim“. https://doi.org/10.18442/pforle-f-4 (Abfrage 29.03.2023).

Gerstenberg, Frauke. „Learning the disruptive – Qualitative Forschungsmethoden und Forschendes Lernen in der kindheitspädagogischen Hochschullehre. Plattform für Forschungs- und Fallorientiertes Lernen: Methodenforum – Hildesheim: Universitätsverlag Hildesheim“. https://doi.org/10.18442/pforle-m-4 (Abfrage 29.03.2023).

Göbel, Sabrina/Kaul, Ina/Schmidt, Desirée (2020): Möglichkeitsräume dialogischer Wissenstransformation. In: Cloos, Peter/Lochner, Barbara/Schoneville, Holger (Hrsg.): Soziale Arbeit als Projekt. Konturierungen von Disziplin und Profession. 1. Auflage 2020. Wiesbaden: Springer VS. S. 185–197.

Göddertz, Nina/Karber, Anke (2019): Berufliche Bildung Sozialpädagogik – Eine Spurensuche didaktischer Prinzipien. In: Soziale Passagen 11, H. 1, S. 65–80.

Hechler, Daniel/Hykel, Theresa/Pasternack, Peer (2021): Disziplinentwicklung der Kindheitspädagogik. Eine empirische Bestandsaufnahme anderthalb Jahrzehnte nach Einrichtung der neuen Studiengänge. München: Deutsches Jugendinstitut e.V.

Heiner, Matthias (Hrsg.) (2013): Professionalisierung der Lehre. Perspektiven formeller und informeller Entwicklung von Lehrkompetenz im Kontext der Hochschulbildung. Bielefeld: Bertelsmann.

Krähnert, Isabell/Zehbe, Katja/Cloos, Peter (2022): Elterngespräche als vulnerante Settings in inklusiven Kontexten – Fallorientiertes Lernen in der Qualifizierung für inklusive Bildung. In: Strecker, Alica/Becker, Jonas/Buchhaupt, Felix/Katzenbach, Dieter/Lutz, Deborah/Urban, Michael (Hrsg.): Qualifizierung für Inklusion. Elementarbereich. Münster: Waxmann. S. 63–77.

Kubandt, Melanie (2021): Praktiken als Produzent*innen von Wirklichkeit. In: Lochner, Barbara/Kaul, Ina/Gramelt, Katja (Hrsg.): Didaktische Potenziale qualitativer Forschung in der kindheitspädagogischen Lehre. Weinheim: Beltz Juventa. S. 132–158.

Lochner, Barbara/Kaul, Ina/Gramelt, Katja (Hrsg.) (2021): Didaktische Potenziale qualitativer Forschung in der kindheitspädagogischen Lehre. Weinheim: Beltz Juventa.

Meiner-Teubner, Christiane/Fuchs-Rechlin, Kirsten (2021): Sozialstaatliche Rahmungen professionellen Handelns. Paradoxien forschend erkennen und reflexiv bearbeiten. In: Lochner, Barbara/Kaul, Ina/Gramelt, Katja (Hrsg.): Didaktische Potenziale qualitativer Forschung in der kindheitspädagogischen Lehre. Weinheim: Beltz Juventa. S. 159–178.

Nentwig-Gesemann, Iris (2017): Berufsfeldbezogene Forschungskompetenz als Voraussetzung für die Professionalisierung der Frühen Bildung, Betreuung und Erziehung. In: Balluseck, Hilde von (Hrsg.): Professionalisierung der Frühpädagogik. Perspektiven, Entwicklungen, Herausforderungen. Opladen, Berlin, Toronto: Verlag Barbara Budrich. S. 235–244.

Nentwig-Gesemann, Iris/Fröhlich-Gildhoff, Klaus/Harms, Henriette/Richter, Sandra (2011): Professionelle Haltung – Identität der Fachkraft für die Arbeit mit Kindern in den ersten drei Lebensjahren. Eine Expertise der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WiFF). München: DJI.

North, Klaus/Güldenberg, Stefan/Dick, Michael (2016): Wissensarbeit(er). In: Dick, Michael/Marotzki, Winfried/Mieg, Harald A. (Hrsg.): Handbuch Professionsentwicklung. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. S. 125–138.

Oevermann, Ulrich (2007): Theoretische Skizze einer revidierten Theorie professionalisierten Handelns. In: Combe (a), Arno/Helsper, Werner (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns. 9. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp. S. 70–182.

Schütze, Fritz (2000): Schwierigkeiten bei der Arbeit und Paradoxien des professionellen Handelns : ein grundlagentheoretischer Aufriß. In: Zeitschrift für qualitative Bildungs-, Beratungs- und Sozialforschung 1, H. 1, S. 49–96.

Schütze, Fritz (2007): Organisationszwänge und hoheitsstaatliche Rahmenbedingungenim Sozialwesen: Ihre Auswirkung auf die Paradoxien des professionallen Handelns. In: Combe (a), Arno/Helsper, Werner (Hrsg.): Pädagogische Professionalität. Untersuchungen zum Typus pädagogischen Handelns. 9. Auflage. Frankfurt am Main: Suhrkamp. S. 183–275.

Sehmer, Julian/Marks, Svenja/Thole, Werner (2019): Wissen im Dialog. In: Sozial Extra 43, H. 4, S. 259–262.

Studiengangstag Pädagogik der Kindheit. „Studiengangstag Pädagogik der Kindheit Berufsprofil Kindheitspädagogin/Kindheitspädagoge“. https://www.ash-berlin.eu/fileadmin/Daten/Bachelor-Studiengaenge/EBK/Berufsprofil_Kindheitspaedagogik_01.06.2015.pdf (Abfrage 21.10.2022).

Wahl, Diethelm (2001): Nachhaltige Wege vom Wissen zum Handeln. In: Beiträge zur Lehrerbildung 19, H. 2, S. 157–174.

Zehbe, Katja/Kaul, Ina (Hrsg.) (2024): Reflexivität in Lehre und Profession. Beiträge zu didaktischen Arrangements für Lehr-Lern-Formate in kindheitspädagogischen Studiengängen. Weinheim & Basel: Beltz Juventa.


[1] Fokussiert wird in dieser Perspektive die professionelle Begleitung kindlichen Aufwachsens in unterschiedlichen Handlungsfeldern, die auch eine Schnittstelle zwischen Sozial- und Kindheitspädagogik darstellt.

[2] Gemeint sind damit über biografische Zusammenhänge erworbene individuelle Erfahrungen, familiäre Prägungen und einsozialisierte Gewohnheiten, Denkmuster und Haltungen, denen man sich zum Teil nicht bewusst ist.

Call for Participation: Herausforderungen einer diversitätsreflexiven Professionalisierung

| In eigener Sache |

Diversitätsreflexive Professionalisierung ist in der Kindheitspädagogik mit der Hoffnung verbunden, die Bildungsungleichheiten bei Kindern aufgrund von unbewussten Zuschreibungen hinsichtlich Klasse, Geschlecht, Herkunft, Ability und Körper auszugleichen und die Kinder gleichermaßen in ihrer Entwicklung zu fördern (Betz 2010; Cloos/Jung 2021). Daraus können sich unterschiedliche Herausforderungen ergeben:

  • Auf der individuellen Ebene begegnen Fachkräfte der Diversität von Adressat*innen in kindheitspädagogischen Handlungsfeldern und müssen sich zu ihnen verhalten, sei es in Interaktionen, mit (Spiel)Materialien oder Projekten oder auch in familiären Kontexten der Zusammenarbeit.
  • Auf der konzeptionellen Ebene werden unterschiedliche reflexive Ansätze und Konzepte bereitgestellt, in denen Diversitätsreflexivität über Methoden, Techniken und Medien entworfen werden (Wagner 2008).
  • Auf der strukturellen Ebene stehen Herausforderungen der Reifizierung, Dramatisierung wie auch die Anerkennung der Vielfalt vor habitualisierter Differenzerfahrungen im Mittelpunkt der theoretischen Betrachtung (Kuhn 2021).
  • Auf der Ebene zwischen Kindern als Akteur*innen kann thematisiert werden, wie diese in Interaktionen untereinander oder mit Material Diversität begegnen, diese gestalten oder auch mit möglichen Irritationen umgehen.

 Mit diesem Call laden wir dazu ein, Blogbeiträge im Umfang von ca. 10 000 – 13 000 Zeichen für unseren Blog Diversekindheiten.de zu verfassen. Der Blog stellt regelmäßig Beiträge zu Forschungs(zwischen)ergebnissen kostenfrei online zur Verfügung, um den Austausch und Transfer zwischen Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft praxisorientiert und aktuell zu gestalten.

Wir freuen uns auf Beiträge, die sich aus Projektkontexten, Dissertationsvorhaben oder Lehr-Lern-Forschungsprojekten heraus mit einem der folgenden Aspekte beschäftigen:

  • Wie werden die Anforderungen einer Diversitätsreflexivität an pädagogische Praxis in kindheitspädagogischen Handlungsfeldern wahrgenommen?
  • Welche Perspektiven haben verschiedene Akteur*innengruppen (Eltern, Kinder, pädagogische Fachkräfte) auf Diversität?
  • Wie können sich Institutionen der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung sich selbst in den Blick nehmen und im Sinne von Organisationsentwicklung verändern?
  • Welche Konzepte und Ansätze scheinen aussichtsreich zur Umsetzung der Anforderung einer Diversitätsreflexiven Professionalisierung in kindheitspädagogischer Praxis?
  • Wie kann in kindheitspädagogischer Qualifizierung die Ausbildung von Diversitätsreflexivität gefördert und unterstützt werden?

Alle Beiträge werden von den Herausgeberinnen begleitet. Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen bis zum 30.04.2023 an DiverseKindheiten@uni-hildesheim.de. Bitte beachten Sie die Informationen für Autor*innen auf der Homepage. Die Beiträge werden voraussichtlich im Sommer 2023 veröffentlicht.

Ihre Herausgeberinnen Svenja Garbade und Katja Zehbe

Betz, T. (2010). Kompensation ungleicher Startchancen. Erwartungen an institutionalisierte Bildung, Betreuung und Erziehung für Kinder im Vorschulalter. In Erziehung und Bildung von Kindern als gemeinsames Projekt : zum Verhältnis familialer Erziehung und öffentlicher Kinderbetreuung (S. 113-134). Baltmannsweiler: Schneider-Verl. Hohengehren.

Cloos, P. & Jung, E. (2021). Kindheitspädagogische Qualifizierung an Hochschulen – Zwischen den Erwartungshorizonten und Realitäten des frühpädagogischen Feldes. Bildung und Erziehung, 74(2), 135-151.

Kuhn, M. (2021). Differenz als grundlegender Bezugspunkt Forschenden Lernens. In B. Lochner, I. Kaul & K. Gramelt (Hrsg.), Didaktische Potenziale qualitativer Forschung in der kindheitspädagogischen Lehre (Kindheitspädagogische Beiträge, 1. Auflage, S. 56-70). Weinheim: Beltz Juventa.

Wagner, P. (Hrsg.). (2008). Handbuch Kinderwelten. Vielfalt als Chance – Grundlagen einer vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung. Freiburg: Herder.

Interaktion in frühpädagogischen Einrichtungen als Choreografie von Inklusion und Exklusion

| Laura von Albedyhll |

Was will das Projekt/Was ist das Phänomen?

Die frühpädagogische Praxis ist geprägt von Interaktionen: Kinder, pädagogische Fachkräfte, Erziehungsberechtigte und Trägerverantwortliche sind nur einzelne Akteur:innen, die in verschiedenen Situationen miteinander interagieren. Dabei wird hier „Interaktionen als konkrete unmittelbare Begegnungen zwischen zwei (oder mehreren) Menschen verstanden (…), welche direkt beobachtbar sind.“ (Weltzien, Fröhlich-Gildhoff, Wadepohl & Mackowiak, 2016, S.7). Interaktion in frühpädagogischen Settings wird im wissenschaftlichen Kontext häufig unter einen normativen Fokus gesetzt: Was ist „gute“ Interaktionsgestaltung? Wie kann in Interaktion Bildung maximal gefördert werden? Spezifischer spielt Interaktion bei zentralen frühpädagogischen Konzepten wie beispielsweise Sustained-Shared-Thinking (Siraj-Blatchford, 2009) eine Rolle. Die Frage der Qualität solcher Interaktionen ist von so großer Bedeutung, dass mindestens ein standardisiertes Tool zu ihrer Messung entwickelt wurde (CLASS, vgl. Weltzien et.al., 2016), auf das in Forschungskontexten zurückgegriffen wird.

Das vorgestellte Projekt geht einen Schritt zurück. Statt unter normativem Blick Gelingensbedingungen von Fachkraft-Kind-Interaktionen zu untersuchen, wird der Blick auf das gerichtet, was tatsächlich stattfindet. In der Rekonstruktion der Handlungen aller Akteur:innen einer Kleingruppe soll eine Theorie der Interaktion in der Frühpädagogik entwickelt werden, die über die Frage der guten Praxis hinaus geht. Vielmehr wird danach gefragt, wie die an der Interaktion beteiligten Akteur:innen wechselseitig das Interaktionsgeschehen beeinflussen und welche Verhältnisse der Akteur:innen untereinander sichtbar werden. Dabei ist es auch das Ziel, den Blick für Akteur:innen zu weiten, die nicht-menschlich sind. Die Relevanz der Dinge in frühpädagogischen Einrichtungen ist kein neuer Blickwinkel (Cloos, Bensel, Haug-Schnabel, Wadepohl & Weltzien, 2018, S. 13). Dinge rahmen zum einen Interaktionsgeschehen, zum anderen interagieren wir mit und an ihnen. Sie begrenzen Handlungsräume, können uns auffordern oder Normen transportieren. An Dinge können bestimmte Regeln für den Umgang mit ihnen geknüpft sein, durch die Rückschlüsse möglich sind auf Machtverhältnisse in den Räumen, für die die Regeln gelten. So ist beispielsweise die Kreide im schulischen Kontext ein Ding, mit dem vorrangig lehrende Personen agieren oder Personen, die von lehrenden Personen geprüft werden. Sie transportiert in diesem Setting die Rolle der zeigenden Person.  Zu jedem Zeitpunkt sind wir umgeben von Dingen, in deren Gebrauch wir hineinsozialisiert wurden, mit denen wir Ideen verbinden, an die wir Handlungsroutinen knüpfen, mit denen wir in Interaktion treten (Stieve, 2008). Die Fachkraft-Kind-Interaktion in der Frühpädagogik zu betrachten heißt also auch, die Dinge zu betrachten, die mit den Akteur:innen gemeinsam die Situation gestalten.

Wie sind wir vorgegangen?

Um sog. „Fachkraft-Kind-Ding-Interaktionen“ in frühpädagogischen Einrichtungen zu untersuchen, wurden Videografien des frühpädagogischen Alltags genutzt. Das Datenmaterial wurde im Projekt „SpriKIDS – Sprachförderung im Kindergartenalltag in Dialekt und Standardsprache im Kontext von Mehrsprachigkeit“ (https://www.sprikids.org/) aufgenommen und stammt aus Einrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. SpriKIDS ist ein von Interreg finanziertes Forschungsprojekt der PH Weingarten, PH St. Gallen, SHLR, PH Graubünden und PH Vorarlberg unter der Leitung von Prof. Dr. Cordula Löffler, Prof. Dr. Franziska Vogt und Dr. Eva Frick, das von 2016 bis 2019 Kinder am Übergang vom Kindergarten zur Grundschule begleitete. Neben der Sprachförderung der Kinder im Kita-Alltag, waren auch der Schriftspracherwerb oder die Einstellung der pädagogischen Fachkräfte zum Dialekt leitende Fragestellungen.
Während der Aufnahmen war die Kamera beweglich, um der pädagogischen Fachkraft in der Einrichtung zu folgen. Daraus ergibt sich, dass die Aufnahmen einen starken Fachkraftfokus aufweisen, Kinderhandeln untereinander oder ohne Beteiligung der Fachkraft höchstens am Rand sichtbar wird. Das videografische Material wurde zunächst transkribiert. Diese Kombinationstranskripte aus klassischen und Grafiktranskripten sind schematisch angelegt und erlauben einen strukturierten Vergleich unterschiedlicher Interaktionsverläufe. Sie machen besonders deutlich, wann Personen und Dinge von Aktant:innen zu Akteur:innen werden, sich bestehenden Handlungsnetzwerken anschließen oder daraus zurückziehen. Ohne den Rückgriff auf ebenfalls vorhandene Transkripte sprachlicher Äußerungen, ist es der analysierenden Person so leichter möglich, sich von thematischen Bezügen zu lösen und lediglich auf das Handlungsnetzwerk der beobachteten Personen zu fokussieren.

Konkret wurde für die Analyse der Videos im Kleinen die Mikroethnografie (Herrle, 2020), für das Entwickeln von Zusammenhängen innerhalb einer Sequenz, aber auch über Sequenzen hinweg, die Grounded Theory Method (im Folgenden GTM) (Dietrich & Mey, 2018) verwendet. Die Situationen wurden zunächst mit mikroethnografischen Methoden aufgebrochen und sequenziert. So wurde die Schwierigkeit bearbeitet, dass die GTM keine dezidierten Vorgaben für den Umgang mit Videomaterial macht und im Zuge dessen die Komplexität des Datenmaterials für eine strukturierte Analyse nicht hinreichend reduziert wird. Anders gesagt: Interaktion als komplexes Geschehen nicht nur beobachtend zu beschreiben, sondern darüber hinaus ausgehend von ihren kleinsten Einheiten (bspw. Blickrichtung, deiktische Gesten[1]) Bedeutung zu rekonstruieren, muss strukturiert, nachvollziehbar und transparent erfolgen.

Was ist das Ergebnis?

Das folgende Auswertungsbeispiel verdeutlicht, wie sich das Handlungsnetzwerk der Akteur:innen in einer Interaktion entwickelt. Der gewählte Ausschnitt umfasst 17 Sekunden einer Situation des frühpädagogischen Alltags. In der vorgestellten Sequenz sitzt die pädagogische Fachkraft an einem Tisch direkt neben einem Bereich unter einem Podest. Der höhlenartige Bereich hat eine relativ niedrige Decke, was den Zugang für erwachsene Personen erschwert. Die vergleichsweise dunkle Fläche – eine Lampe wird auf dem Video nicht sichtbar – beinhaltet die Nachbildung eines Herds aus Holz in niedriger Höhe. Räumlich dem Herd zugeordnet sind kleine Nachbildungen von Geschirr und Nahrungsmitteln aus Holz und Plastik. Darüber hinaus holen die Kinder, die in diesem Raum handeln, immer wieder Puppen in den Videoausschnitt.

Die Abgrenzung des Bereichs vom Rest des Raums wird einerseits verstärkt durch einen Holzpfosten, der das Podest stützt, andererseits durch den Teppich, der mit dem Rand des Podests abschließt. Gleichzeitig steht der Tisch vor diesem Posten und kontrastiert stark mit der Dingvielfalt im kindlichen Handlungsbereich: Der niedrige Tisch ist leer und wird nur punktuell mit unterschiedlichen Dingen gefüllt. Der Tisch wird zum Grenzraum zwischen dem kindlichen Spielraum und dem restlichen Gruppenraum, mit einer Fachkraft die in ihrer Positionierung wie eine Wächterin der Grenze wirkt. Immer wieder wird die Fachkraft von den im Spielbereich tätigen Kindern angesprochen, bewegt sich aber selbst nie in den Raum unter dem Podest. Ob es bei den Prozessen des Herstellens von Innen und Außen um die Bereiche Kind-Fachkraft, definierter Spielraum – multifunktioneller Gruppenraum oder Kleingruppe – Gesamtgruppe geht, bleibt offen.

Mit der Begrenzung auf ein Grafiktranskript wird die verbale Ebene ausgeblendet, um sich in der Analyse nur auf die Handlungsnetzwerke (Albedyhll, 2021) fokussieren zu können. Dabei sind Kreise Kinder (K1 – K4), das Dreieck ist die Fachkraft (FK) und Rechtecke sind Dinge. Punktlinien zeigen Blickrichtungen, Strichlinien verbale Äußerungen und Volllinien raumgreifende Handlungen. Dabei werden Netzwerke sichtbar: Die Akteur:innen sind mit einander über ihre Handlungen verbunden oder grenzen sich durch das Fehlen derartiger Handlungsbeziehungen voneinander ab. So sind sie eingebunden in Netzwerke, die sie selbst generieren. Durch Pfeile wird die Gerichtetheit der Handlungen sichtbar, sofern sie nicht wechselseitig oder eindeutig ist. In der konkreten Situation hat ein Kind (K1) im Bereich unter dem Podest eine Puppe gefunden. Sie macht Geräusche, die ein Baby imitieren sollen und reagiert auf Lagewechsel oder das Einführen einer Flasche in ihren Mund. K1 bringt die Puppe zur Fachkraft (FK), die feststellt, dass die Puppe vielleicht neue Batterien benötigt. Während FK die Puppe aufschraubt, beteiligen sich wechselnde Kinder an der Situation.

Im dargestellten Verlauf kommt K4 aus dem Spielraum und hält einen Rock um seine Hüfte. Er würde rutschen, wenn K4 ihn nicht festhielte. K4 tritt zur Puppen-Tisch-Situation, ohne sich verbal zu äußern (Abbildung 1). Ihr Blick bleibt auf dem Rock, während sie von K1 und FK angesprochen wird. Der Versuch sowohl von K1 als auch von FK, K4 hier zu einer Selbst-Inklusion in das Netzwerk zu bewegen, bleibt ohne Erfolg. Die verbalen Äußerungen von K1 und FK zielen darauf ab, dass K4 sich ebenfalls an den Handlungen mit dem Ding auf dem Tisch beteiligt.  K4 reagiert nicht auf die Ansprache, sondern verbleibt im eigenen Handlungsnetzwerk zwischen sich und dem Rock. Als K3 aus dem Spielraum heraus in die Interaktion eintritt und K4 ebenfalls anspricht (Abbildung 2), wendet K4 den Blick K3 zu – der Blickkontakt zwischen K3 und K4 wird reziprok. Obgleich K1 K4 wiederholt anspricht und den Blick ebenfalls dem Rock zuwendet, entfaltet sich das dichte Handlungsnetz zwischen K4 und K3. K4, beziehungsweise das Gefüge aus K4 und dem Rock, ist das Zentrum verschiedener Handlungsvektoren.

Als sich K4 neu orientiert (Abbildung 3), nämlich zurück in den abgegrenzten Spielraum, zeigt sich seine zentrale Stellung innerhalb der Vektoren[2] besonders deutlich. K1 und K4 richten ihr verbalsprachliches Handeln weiter an K4 aus, auch wenn dieses sich bereits aus dem Handlungsnetzwerk „Tisch“ zurückzieht. Der Einfluss der Neuorientierung von K4 ist so groß, dass sich K4 und K3 wieder in den Spielraum bewegen und K1 mit FK am Tisch zurückbleibt. Die fehlende Aufnahme von K1 in das Handlungsnetzwerk mit K4 im Zentrum, sorgt nun für die Wiederaufnahme des Handlungsnetzwerks mit FK. FK spricht dabei K1 direkt an, während K1 den Blick auf die Puppe richtet. K1 bringt sich selbst aktiv in die Triade Puppe-FK-Kind ein, gleichzeitig wird er durch FK einbezogen.

Hier zeigen sich Dynamiken in Prozessen von Ex- und Inklusion mit verschiedenen Akteur:innen. K4 bildet mit dem Rock ein so dichtes Handlungsnetzwerk, dass K4 zum Zentrum der Interaktion wird. Die Fokussierung auf den Rock ermöglicht dem Kind, die Teilnahme anderer Akteur:innen am Handlungsnetzwerk zu entscheiden. K4 in- beziehungsweise exkludiert qua Handlung und Blickrichtung die anderen Personen. Gerade K1 erfährt hier Exklusion. FK geht, als ihr verbales Handeln keine Resonanz erfährt, zurück in ihr enges Handlungsnetzwerk mit der Puppe. K1 verbleibt in der Inklusionsbemühung, bis K4 sich mit K3 vom Puppe-Tisch-Gefüge löst und K1 sich wieder auf FK und ihr Handlungsnetzwerk fokussiert. Hier gelingt der erneute Zugang zum Handlungsnetzwerk auch durch Ansprache der FK leicht.

Was kann das für die Praxis bedeuten?

Inklusion und Exklusion geschehen nicht nur in großen Handlungszusammenhängen. In kleinen Interaktionseinheiten zeigen sich Mechanismen aller Akteur:innen, sich selbst und andere ein- oder auszuschließen. Inklusion und Exklusion sind in diesem Verständnis keine wertenden Begriffe, in dem Sinn, dass wir zu jedem Zeitpunkt auf eine alle Akteur:innen inkludierende Situation hinwirken müssen. Ein:e Akteur:in, der:die sich von einer Interaktion abwendet, sich dem Kontakt entzieht, sich nicht beteiligt, kann so Handlungsmacht zeigen. Mit einem Gegenstand ein eigenes Handlungsnetzwerk zu bilden, in der das Kind versunken und selbsttätig ein Ding und dessen Zusammenhänge erkundet, ist ein ebenso bedeutsamer Schritt der Interaktionschoreografie, wie die gemeinsame Abstimmung mit anderen auf einen Gegenstand hin.

Mikroprozesse der Interaktion im materiellen Raum in den Blick zu nehmen, ist ein wertvoller Reflexionsmoment: Welche Dinge laden zur Interaktion ein? Von welchen hätten wir es vielleicht nicht erwartet? Welche Handlungen werden durch die Anordnung der Dinge im Raum ermöglicht oder erschwert? Gelingt es Fachkräften, sich auf Ideen der Kinder zu den Dingen einzulassen? Wie oft führt die Fachkraft in der Interaktion, gibt Dinge vor – und wie oft folgt sie? Wer oder was steht wann im Zentrum einer Interaktion und wer oder was vielleicht nie?
In den Antworten auf diese Fragen finden sich Hinweise darauf, wie die Idee einer „guten“ pädagogischen Praxis in den Handlungen zum Ausdruck kommt. Teil der Vorstellung eines „guten“ Kindergartenkind, einer „guten“ pädagogischen Fachkraft und einer daraus folgenden „guten“ pädagogischen Interaktion, ist das eigenaktive, handlungsmächtige Kind, dessen Impulsen gefolgt und auf denen aufgebaut wird. Wenn sich die Handlungsmacht des Kindes so äußert, dass sie der Idee der „guten“ pädagogischen Praxis – einer gemeinsam zwischen Kind und Fachkraft ko-konstruktiv gestalteten, an Zonen der nächsten Entwicklung und inhaltlichen Bildungszielen ausgerichteten nämlich (KMK, 2022, S. 8-10)  –  zuwiderhandelt, finden Aushandlungsprozesse um die Grenzen des Nutzens solcher normativer Setzungen statt. Das eigenmächtige Kind kann als solches gleichzeitig normgerecht und normwidrig sein. Es schließt (sich) aus, statt (sich) zu inkludieren.

Das Aufbrechen pädagogischer Situationen in kleinste Einheiten ermöglicht durch die Verfremdung der Situation einen neuen Blick auf das Geschehen in der Einrichtung zu gewinnen und so Interaktionskulturen und die eigene Einstellung zu ihnen zu ergründen.

Literaturverzeichnis

Albedyhll, L. v. (2021). Kategorisierung der Dinge des pädagogischen Alltags.
Interaktionsorientierte Benennung unbelebter Akteure. ElFo – Elementarpädagogische Forschungsbeiträge (2021), 3 (2), S. 7-17. DOI: 10.25364/18.3:2021.2.1

Cloos, P., Bensel, J., Haug-Schnabel, G., Wadepohl, H. & Weltzien, D. (2018). Die Dinge und der Raum – einleitende Überlegungen. In D. Weltzien, H. Wadepohl, P. Cloos, J. Bensel & G. Haug-Schnabel (Hrsg.), Materialien zur Frühpädagogik: Band 22. Forschung in der Frühpädagogik (S. 11-30). FEL-Verlag Forschung-Entwicklung-Lehre.

Dietrich, M. & Mey, G. (2018). Grounding Visuals. Annotationen zur Analyse audiovisueller Daten mit der Grounded-Theory-Methodologie. In C. Moritz & M. Corsten (Hrsg.), Handbuch Qualitative Videoanalyse (S. 135-152). Springer VS.

Herrle, M. (2020). Ethnographic Microanalysis. In M. Huber & D. E. Froehlich (Hrsg.), Analyzing Group Interactions: A Guidebook for Qualitative, Quantitative and Mixed Methods (S. 11-25). Taylor & Francis Group.

KMK (2022). Gemeinsamer Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen (Beschluss der JMK vom 13./14.05.2004 und Beschluss der KMK vom 03./04.06.2004 i. d. F. vom 06.05.2021 (JFMK) und 24.03.2022 (KMK). https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_06_03-Fruehe-Bildung-Kindertageseinrichtungen.pdf

Siraj-Blatchford, I. (2009). Conceptualising progression in the pedagogy of play and sustained sharedthinking in early childhood education: a Vygotskian perspective.
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Stieve, C. (2008). Von den Dingen lernen: Die Gegenstände unserer Kindheit. Phänomenologische Untersuchungen: Band 27. Wilhelm Fink.

Weidinger, N. (2011). Gestik und ihre Funktion im Spracherwerb bei Kindern unter drei Jahren. DJI. https://www.dji.de/fileadmin/user_upload/bibs/672_13595_Weidinger_Gestik.pdf

Weltzien, D., Fröhlich-Gildhoff, K., Wadepohl, H. & Mackowiak, K. (2016). Interaktionsgestaltung im familiären und frühpädagogischen Kontext. Einleitung. In H. Wadepohl, K. Mackowiak, K. Fröhlich-Gildhoff & D. Weltzien (Hrsg.), Psychologie in Bildung und Erziehung. Interaktionsgestaltung in Familie und Kindertagesbetreuung (S. 1-26). Springer Fachmedien Wiesbaden.


[1] Zeigegeste, um die Aufmerksamkeit von Interaktionspartner:innen auf einen realen oder virtuellen Gegenstand zu lenken. Typischerweise wird ein ausgestreckter Finger verwendet, jüngere Kinder nutzen auch den Körper oder die ganze Hand (Weidinger, 2011).

[2] Die Handlungspfeile innerhalb der Netzwerke werden hier Vektoren genannt, weil sie auf Kräfte hinweisen, die zwischen den Akteur:innen wirken. Handlungen haben das Potential, die Handlungen des Gegenübers zu beeinflussen und so das Handlungsnetzwerk zu verändern.

Inklusion und Diversität aus Sicht von Kita-Leitungen

| Nina Hogrebe, Valerie Bergmann & Madita Timmermann |

An Kindertageseinrichtungen (Kitas) wird die Erwartung herangetragen, zum Abbau von Bildungsungleichheit beizutragen, Heterogenität anzuerkennen und Inklusion zu fördern (vgl. Betz & Bischoff 2017). Der Elementarbereich bietet dabei grundsätzlich gute Voraussetzungen für Inklusion, denn hier werden bereits ein Großteil der Kinder mit Behinderungen, mit Migrationshintergrund, aus unterschiedlichen sozioökonomischen Kontexten sowie Mädchen und Jungen gemeinsam betreut. Zugleich gibt es hinsichtlich der Verteilung von Kindern mit Diversitätsmerkmalen auf die einzelnen Bildungseinrichtungen große Unterschiede. Entmischungsprozesse, die in unterschiedlichen Zusammensetzungen der Kitas zum Ausdruck kommen, verweisen darauf, dass Bildungszugänge nach wie vor nicht gleichermaßen gewährt werden (vgl. Hogrebe et al. 2021a).

Was will das Projekt? Was ist das Phänomen?

Prengel (2016) formuliert „Desegregation in der Lebensumwelt“ (S. 63) als einen Auftrag an institutionelle Bildungseinrichtungen. Neben der Anforderung, den unterschiedlichen Lebenshintergründen, Bildungsvoraussetzungen und Bildungsbedürfnissen von Kindern in einer Kita Rechnung zu tragen (vgl. Gomolla 2010, S. 8f.), geht es dabei auch darum, die gesellschaftliche Vielfalt in den Organisationen abzubilden (vgl. Toepfer 2020). Kita-Leitungen kommt dabei eine entscheidende Schlüsselposition zu, denn sie tragen nicht nur eine Mitverantwortung für die Herstellung einer Passung von institutionellen Rahmenbedingungen und individuellen Bedürfnissen der Kinder im Hinblick auf die Anerkennung von Diversität (vgl. Kron 2010), sondern sind auch in Platzvergabeprozesse eingebunden, die zum Ausschluss bestimmter Familien und Kinder führen können (vgl. Hogrebe et al. 2021b; Mierendorff & Nebe 2022). Bislang ist allerdings wenig darüber bekannt, welche Perspektive Kita-Leitungen auf die damit verbundenen Anforderungen haben.

Wie sind wir vorgegangen?

Studierende des Bachelorstudiengangs „Bildung und Erziehung in der Kindheit“ an der HAW Hamburg haben im Wintersemester 2021/22 im Rahmen des Wahlpflichtseminars „Diversität und Vielfalt im Elementarbereich“ leitfadengestützte Experteninterviews mit Praxisvertreter:innen geführt, um empirische Einblicke in deren Wahrnehmung der mit Inklusion verbundenen Anforderungen im Feld, Begriffsverständnisse und Praktiken zu gewinnen (vgl. Meuser & Nagel 2013). Als offenes und rekonstruktives Verfahren erfasst diese Interviewform mithilfe von erzählgenerierenden Fragen und Raum für freie Erzählpassagen mit eigener Relevanzsetzung die Wissensbestände von Expert:innen (vgl. Liebold & Trinczek, 2009). Die Expert:innen sind in diesem Fall Kita-Leitungen oder mit Leitungsaufgaben beauftragte Fachkräfte, die über ein spezifisches Wissen zu Umgangsstrategien mit Inklusion und Diversität in Kitas verfügen. Die Interviewpartner:innen wurden im Rahmen der studienbegleitenden Praktika durch die Studierenden selbst akquiriert. Den Leitfaden haben die Lehrenden konzipiert und die Studierenden haben jeweils unter Anleitung ein Interview geführt. Alle Interviews wurden aufgezeichnet und nach den Regeln von Kuckartz (2016) transkribiert. Auf Basis der Transkripte wurden die Interviews durch die Lehrenden und eine studentische Hilfskraft nach Kuckartz et al. (2008) ausgewertet. Insgesamt gehen in die Analysen Interviews mit zehn Fachkräften in Kitas ein, die eine Tätigkeit mit Leitungsfunktion inne hatten.

Was ist das Ergebnis?

Ebenso wie im wissenschaftlichen Diskurs lässt sich auch innerhalb der im Seminar geführten Interviews mit Kita-Leitungen keine einheitlichen Verständnisse der Begriffe Diversität, Inklusion, Vielfalt und Heterogenität finden. Das Interviewmaterial lässt erkennen, dass die Begriffe nicht trennscharf gebraucht werden. Einige Begriffe werden synonym verwendet bzw. von den Befragten explizit gleichgesetzt. So werden insbesondere keine Unterschiede zwischen den Begriffen „Diversität“ und „Vielfalt“ gemacht:

„[I]ch finde Diversität ist einfach, dass man unterschiedlich sein kann und Vielfalt auch, dass es viele verschiedene Menschen mit vielen verschiedenen Hintergründen gibt, und dass alle aber gleichwertig sind.“ (Interview 8, Absatz 33).

Neben Äußerungen, denen ein auf Behinderung bezogenes Inklusionsverständnis zugrunde liegt, , zeigt sich insgesamt ein eher breites Verständnis von Inklusion, das sich auf jegliche Diversitätsmerkmale bezieht (vgl. Lindmeier & Lütje-Klose 2015). Damit verbunden ist meist eine positive Sichtweise auf die Unterschiedlichkeit der Menschen, die wertgeschätzt, beziehungsweise als explizit erwünscht und wichtig angesehen wird. Mitunter wird diese Sichtweise durch Beschreibungen über das zugrundeliegende Bild vom Kind untermauert:

„Jedes von uns anvertraute Kind ist ein einzigartiger, wertvoller Teil des Ganzen. Dies gilt unabhängig von körperlichen, geistigen, sozialen, kulturellen oder sonstigen Voraussetzungen“ (Interview 2, Absatz 11).

Diese Einstellung gegenüber allen Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft, werde oftmals von den Kindern vorgelebt:

„aber den Kindern ist es eigentlich relativ egal, wo sie herkommen, wichtig ist für uns immer, dass wir eine Gemeinschaft sind und alle so annehmen und aufnehmen, wie sie halt so sind.“ (Interview 4, Absatz 10).

Der Begriff der Inklusion ist zudem häufig mit einem Fokus auf Chancengleichheit und -gerechtigkeit assoziiert, der die „bestmögliche individuelle Förderung“ (Interview 2, Absatz 11) aller Kinder impliziert und fordert, diese „und ihre Familien dort abzuholen, wo sie gerade stehen“ (Interview 12, Absatz 12). Die Kinder, die auf besondere Fördermaßnahmen angewiesen sind, sollen die nötige Unterstützung erhalten. Hierzu wird vermehrt die Zusammenarbeit mit Externen (z.B. Heilpädagog:innen oder Psycholog:innen) und den Eltern der Kinder betont. Zugleich wird ein Spannungsfeld deutlich, dass die Unterschiede der Kinder einerseits in der pädagogischen Arbeit berücksichtigt werden müssen, hierdurch aber andererseits auch wieder bestimmte Differenzen konstruiert werden können:

„Um mich damit auseinandergesetzt und halt festgestellt, dass es wirklich/ es ist ein Thema, das man nicht zum Thema machen sollte, wenn es nicht ein Thema ist. […]. Also wenn wir anfangen darüber zu sprechen, wieso du anders aussiehst als du, dann erschaffst du das Problem ja schon nur. Also es ist mehr man muss es leben.“ (Interview 3, Absatz 19).

Die aktuelle Situation von Kitas in Bezug auf damit verbundene Anforderungen für die eigene Arbeit wird unterschiedlich wahrgenommen. Neben einer grundsätzlich positiven Einstellung hinsichtlich Diversität als wünschenswertes Ziel innerhalb der Gesellschaft oder ihrer Einrichtungen benennen die Befragten auch Herausforderungen, die hierdurch entstehen. Zum einen äußern einzelne Befragte Bedenken in Bezug auf Kinder mit zum Beispiel körperlichen Beeinträchtigungen und sind unsicher, ob sie mit dieser Art von Anforderungen in ihrer Einrichtung umgehen könnten:

„Also, wir hatten noch kein Kind mit einer schwereren Behinderung, ich weiß auch nicht, ob wir das leisten könnten. Ich glaube nicht.“ (Interview 8, Absatz 26)

Vereinzelt werden Probleme in Bezug auf die Kommunikation und Verständigung bei unterschiedlichen Herkunftsländern und Kulturen angeführt. Hinzu kommen fehlende personelle Voraussetzungen, die den Umgang mit heterogenen Gruppen und Kindern, die besondere Fördermaßnahmen benötigen, erschweren können. Den gestiegenen Anforderungen und Erwartungen stehen laut der Befragten unzureichende personelle Mittel sowie fehlende Unterstützung durch die Politik gegenüber:

„[I]ch würde mir wünschen, dass das Thema nicht nur auf die Kitas abgewälzt wird, sondern auch die nötige, und das ist tatsächlich auch eine finanzielle Unterstützung, dass diese auch von der Politik getragen wird“ (Transkript 11, Absatz 41).

Neben dem Umgang mit unterschiedlichen Lebenshintergründen, Bildungsvoraussetzungen und Bildungsbedürfnissen von Kindern in einer Kindertageseinrichtung stellt sich darüber hinaus die Frage, ob und wie Leitungen die Zusammensetzung ihrer Einrichtungen beeinflussen. Manche Befragte äußern, dass sie gerne etwas durchmischter wären, und bedauern fehlende Handlungsspielräume:

„Wir hätten gerne ausländische Familien natürlich, weil das die kulturelle Vielfalt bereichert und wir sind immer froh, wenn wir mal eine haben, aber in der Regel wollen die nicht zu uns kommen. Ich weiß nicht, warum nicht.“ (Interview 8, Absatz 18)

Ein von den Leitungen genannter Grund dafür ist die Lokalität des Einzugsbereichs sowie die damit verbundene Sozialstruktur des Stadtteils. Aber auch die konzeptionelle Ausrichtung der Einrichtungen beeinflusse die Zusammensetzung der Kita, da sie bestimmte Familien mehr oder weniger ansprechen bzw. abschrecken würden:

„Nein, ich glaube, das liegt daran, dass die ein anderes Konzept haben und dass, ja, wie soll ich es sagen, ich weiß nicht so genau, warum sich zum Beispiel ausländische Familien hier nicht anmelden. Keine Ahnung. Möglicherweise, weil sie nicht so viel Interesse an der Gemeinschaft haben, so, also, keine Ahnung“ (Interview 8, Absatz 56)

Dabei ist auffällig, dass diesbezüglich eine einseitige Zuschreibung von Verantwortung erfolgt, die ausschließlich auf Seiten der Eltern verortet wird, während die Kitas als eher passiv und machtlos bezüglich der elterlichen Bildungswahlentscheidungen bzw. der sie umgebenden Sozialstruktur erscheinen. Eine Eigenverantwortung auf Seiten der Einrichtungen, aktiv bestimmte Familien zu rekrutieren oder ein Konzept zu erstellen, dass auch für andere Adressat:innen zugänglich ist, kommt hier nicht zum Ausdruck.

Darüber hinaus spielen unterschiedliche Verfahren der Anmelde- und Platzvergabeprozesse eine Rolle. Diese können niedrigschwellig sein oder durch komplexe Anforderungen Zugangsbarrieren darstellen. Als eine mögliche Barriere wird diesbezüglich die Sprache genannt, die eine Bewerbung um einen Kitaplatz erschweren kann:

„[D]as kann natürlich (.) auch ein (..) Hindernis sein für Familien die, die Eltern, die vielleicht nicht lesen können oder kein Deutsch sprechen. Ja (lacht), dass fällt mir jetzt erst auf, dass es dann natürlich schwierig ist, sich da um einen Kitaplatz zu kümmern“ (Interview 3, Absatz 49)

Exklusion kann auch über die Vergabe der Betreuungsplätze stattfinden: Bei zu geringer Verfügbarkeit und zu hoher Nachfrage regeln manche Einrichtungen die Vergabe über eine Warteliste und/oder nach Anmeldezeitpunkten. Die Vergabe von zur Verfügung stehenden Plätzen kann aber auch entlang bestimmter Kriterien wie dem Alter oder dem Geschlecht sowie ihrer Passung in die jeweils bereits vorhandene Gruppenstruktur erfolgen. In mehreren Interviews verweisen die Leitungskräfte auf die Stundenanzahl der in Hamburg bestehenden Kita-Gutscheine: Kinder mit einer hohen Anzahl an zu betreuenden Stunden werden dabei bevorzugt aufgenommen. Eine Rolle würden auch Geschwisterkinder spielen, die die Einrichtung bereits besuchen. Manche der Einrichtungen würden besonders auf eine Passung zwischen Kita und Eltern achten. Insbesondere Leitungen von Elterninitiativen beschreiben, dass sie auf Unterstützung und Hilfe durch die Eltern zum Erhalt der Kita angewiesen sind und deshalb aufwändigere Aufnahmeverfahren mit intensiven Vorgesprächen umsetzen:

„Wir würden wahrscheinlich keinen Platz vergeben an Eltern, die ihr Kind einfach nur betreut haben wollen und sich nicht einbringen wollen, weil dann wird niemand froh.“ (Interview 8, Absatz 46)

Problematisiert werden in diesem Kontext zudem die sprachlichen Fähigkeiten von Eltern als ein relevanter Faktor, der das Engagement von Eltern in der Elterninitiative beeinflusse.

Was kann das für die Praxis bedeuten?

Die Anerkennung von und der kompetente Umgang mit Diversität ist ein relevanter Aspekt eines entwicklungsförderlichen Umfelds für Kinder in Kitas (vgl. Spensberger & Taube 2022 S. 235). Die von den Studierenden geführten Interviews mit Leitungskräften lassen erkennen, dass diese eine positive Grundhaltung der Thematik gegenüber aufweisen. Hinsichtlich des Umgangs mit den damit verbundenen Herausforderungen deutet sich demgegenüber an, dass die Umsetzung entsprechender inklusiver und diversitätssensibler Praktiken auf strukturelle Herausforderungen trifft und die Leitungskräfte sich hier mehr Ressourcen und Unterstützung wünschen. Insbesondere auch mit Blick auf die aktive Herstellung einer diversen Kita-Zusammensetzungen ist zu erkennen, dass die Befragten sich eher zurückhaltend äußern und entweder nur wenig Handlungsspielraum sehen oder Zugangsbarrieren thematisieren, die aufgrund externer Strukturen oder Annahmen über und Zuschreibungen an bestimmte Familien bestehen und nicht im Verantwortungsbereich der Kitas verortet werden. Dies wäre im Hinblick auf den gesellschaftlichen Auftrag von Kitas zu diskutieren.

Literaturverweise

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Gomolla, M. (2010). Kinderwelten. Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung in Kindertageseinrichtungen. Abschlussbericht über die zweite Erhebung im Frühjahr 2008 und zusammenfassende Beurteilung. Helmut-Schmidt-Universität.

Hogrebe, N., Pomykaj, A. & Schulder, S. (2021a). Segregation in early childhood education and care in Germany: Insights on regional distribution patterns using national educational studies. Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 16(1), 36–56. https://doi.org/10.3224/diskurs.v16i1.04

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Kron, M. (2010). Ausgangspunkt: Heterogenität. Weg und Ziel: Inklusion? Zeitschrift für Inklusion, 4(3).

Kuckartz, U. (2016). Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung (3. Auflage) (S. 166–169). Beltz Juventa.

Kuckartz, U., Dresing, T., Rädiker, S. & Stefer, C. (2008). Qualitative Evaluation: der Einstieg in die Praxis (2., aktualisierte Aufl.).VS Verl. für Sozialwissenschaften.

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Lindmeier, Ch. & Lütje-Klose, B. (2015). Inklusion als Querschnittsaufgabe in der Erziehungswissenschaft. Erziehungswissenschaft. Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 26(51), 7–16.

Mierendorff, J., & Nebe, G. (2022). Kitaplatzvergabe ist segregationsrelevant. Jugendhilfereport 02/22, 10–12.

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Spensberger, F. & Taube, V. (2022). Diversität in der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. In D. Turani, C. Seybel & S. Bader (Hrsg.), Kita-Alltag im Fokus – Deutschland im internationalen Vergleich. Ergebnisse der OECD-Fachkräftebefragung 2018 (S. 225–262). Beltz Juventa.

Toepfer, G. (2020). Diversität. Historische Perspektiven auf einen Schlüsselbegriff der Gegenwart. ZZF – Centre for Contemporary History: Zeithistorische Forschungen. https://doi.org/10.14765/ZZF.DOK-1767

Bildung für nachhaltige Entwicklung als Thema der Kindheitspädagogik

| Sebastian Rost |

Der Beitrag stellt Überlegungen und Argumente für das Querschnittsthema Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) in kindheitspädagogischen Ausbildungsformaten und Studiengängen vor. Das Ziel ist dabei zum einen, eine einführende Orientierung in das Themenfeld zu geben und zum anderen, inhaltliche Schwerpunkte für die Kindheitspädagogik vorzuschlagen und mit einem Praxisbeispiel zu verdeutlichen.

Am Anfang der Bildung für nachhaltige Entwicklung steht die Frage nach den großen Herausforderungen unserer Zeit. Das ist z.B. der Klimawandel, die Ungleichheiten zwischen Ländern des globalen Südens und Nordens oder die großen Fluchtbewegungen von Menschen auf dem Planeten. Diese Antworten benennen Probleme und damit einhergehende existentielle Fragen, wie z.B. „Wie kann Ökologie, Ökonomie, Soziales, Politik und Kultur so zusammenwirken, dass für alle auf dieser Erde eine nachhaltige Gegenwart und Zukunft möglich ist?“ (Brodowski, 2022, S. 8). Es geht dann darum Antworten zu finden, wie nachhaltige Entwicklung gestaltet werden kann.

Was will das Projekt? Argumente für BNE als Lehr-Thema der Kindheitspädagogik.

Bildung für nachhaltige Entwicklung ist kein neues Thema für Hochschulen und deren Lehrbetrieb. Ein Blick in die Curricula verschiedener Hochschulen in Deutschland zeigt, dass seit fast 20 Jahren ein entsprechendes Studienangebot unter verschiedenen Begriffen entstanden ist. So können Studierende bspw. Nachhaltigkeits- und Umweltmanagement (B.Sc.) an der Technischen Hochschule Ingolstadt, Angewandte Nachhaltigkeit (M.Sc.) an der Hochschule Bochum und Umwelt und Natur und Nachhaltigkeit (M.Sc.) an der Universität Hildesheim studieren. Diese Studiengänge setzen sich mit Inhalten nachhaltiger Entwicklung und der Gestaltung nachhaltiger Prozesse in verschiedenen Tätigkeitsfeldern wie der Stadtplanung, im Forstamt, in der Medien- sowie der Erwachsenenbildung auseinander. Bildung für nachhaltige Entwicklung zeigt sich so als Thema, das auf der Ebene der Hochschulen bereits Verbreitung findet und in verschiedenen Disziplinen bearbeitet wird.

Für die Kindheitspädagogik als Profession (Cloos, 2020) besteht Bildung für nachhaltige Entwicklung erst seit wenigen Jahren als zu bearbeitendes Thema. Das lässt sich bspw. an der seit zwei Jahren steigenden Anzahl an Fort- und Weiterbildungen in diesem Bereich erkennen. Hier arbeiten die Regionalzentren im Land NRW und z.B. das Haus der kleine Forscher verschiedene Angebote aus. Die Begriffe Bildung für nachhaltige Entwicklung, nachhaltige Entwicklung und Nachhaltigkeit werden in Modulbeschreibungen und Studienordnungen kindheitspädagogischer Studiengänge ebenso wie in den Lehrplänen der Ausbildung als Erzieher*in mit einer steigenden Tendenz thematisiert „[…] wodurch das Potenzial von BNE für eine zukunftsfähige Ausrichtung frühpädagogischer Studiengänge [und Lehrpläne] weiterhin nicht ausgeschöpft wird.“ (Singer-Brodowski & Holst, 2022, S. 21).

Für die Bedeutsamkeit von Bildung für eine nachhaltige Entwicklung gibt es drei grundlegende Argumente:

  1. Die Zukunftsrelevanz: Kinder sind der Grundstein für die aktuelle und die nächste Generation der Weltbevölkerung und sie haben ein Recht auf Mitbestimmung, ein gesundes Aufwachsen und eine lebenswerte Zukunft. Diese ökologischen Kinderrechte weisen darauf hin, dass eine intakte Umwelt die Grundlage für die Realisierung der meisten Kinderrechte ist (Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe, 2020).
  2. Das Bildungsverständnis der Kindheitspädagogik: Familien und Kindertageseinrichtungen bilden die ersten Bildungsorte in der Biografie. Kindheitspädagogische Profession hat hier die verantwortungsvolle Aufgabe eine qualitativ hochstehende Bildungsarbeit für die frühe Lebensphase zu gestalten. Bildung geht in diesem Sinne über den Betreuungsauftrag hinaus und schafft Anregungen und Gelegenheiten für kindliche Lernprozesse. Es geht in Bildungsprozessen nicht darum zu Moralisieren (Erlenkötter, 2018), sondern Bildungsprozesse so zu gestalten, dass sie dazu anregen über Möglichkeiten und Herausforderungen nachzudenken und in die Lage versetzt werden eigene Lösungen zu entwickeln. Bildung und das Lernen von Neuem ermöglichten in diesem Sinne auch Probleme zu erkennen und Veränderungen zu gestalten.
  3. Die Globalisierung des Aufwachsens: Erziehung und Bildung geschieht mehr denn je unter dem Einfluss globaler Bedingungen, wie z.B. die gesellschaftlichen Themen von Migration und Klimawandel. Diese werden Kindern in Bildungseinrichtungen durch pädagogische Angebote zugemutet aber auch durch ebendiese und deren Familien mit in die Einrichtungen getragen.

Neben diesen Argumenten der Bearbeitung von Bildung für nachhaltige Entwicklung als Thema in kindheitspädagogische Einrichtungen steht das folgende Argument BNE in Ausbildungsformaten und Studiengängen der Kindheitspädagogik einzuarbeiten:

Der Stellenwert eines hohen Anregungsgehalts in pädagogischen Settings (Anders, 2013; König, 2016; Schober, Spieß & Stahl, 2016) ist der Ausgangspunkt die Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte und deren Professionalisierung zu begründen. Die Qualität der Bildungsanreize ist dabei von didaktischem wie auch fachspezifischem Wissen über das Thema, bzw. den Bildungsbereich abhängig. Dies zeigt sich vor allem in der differenzierenden Betrachtung der Wissensbereiche (Baumert & Kunter, 2006; Brunner et al., 2006). Die relevante Annahme dabei ist, „[…], dass ein vertieftes, gegenstandsbezogenes Hintergrundwissen erforderlich ist, um kindliche Lern- und Aneignungsprozesse auf einem hohen Niveau begleiten zu können (Brunner et al. 2006). Dies erscheint gerade auch für die pädagogische Arbeit in Kindertageseinrichtungen [und deren Professionalisierung] plausibel […].“ (Faas, 2014, S. 179).

Wie bin ich vorgegangen? Klärung der Ziele und Grundlagen.

Das Ziel von BNE zeigt sich in einer Ermächtigung von Menschen durch Bildung um Prozesse nachhaltiger Entwicklung zu gestalten, denn „Bildung für nachhaltige Entwicklung soll Menschen dazu befähigen, mit Visionen, Phantasie und Kreativität die Zukunft zu gestalten, Neues zu wagen und unbekannte Wege zu erkunden.“ (Adomßent, 2012, S. 5). Es geht neben konkreten Lerninhalten um die Anregung einer Einstellung, bzw. Haltung gegenüber gesellschaftlichen Problemen und deren lösungsorientierte Bearbeitung. Auf der Ebene der Hochschule ist z.B. intra- oder intergenerationale Gerechtigkeit ein klassisches Thema. In kindheitspädagogischen Einrichtungen kann die Frage nach der gerechten Aufteilung von Nahrungsmitteln, wie Kuchen, thematisch werden. Daraus entspinnen kann sich ein Gespräch darüber, was die einzelnen Kinder als gerecht anerkennen. Die Haltung zeigt sich durch ein Bewusstsein für gesellschaftliche Probleme und deren komplexe Zusammenhänge, bzw. Auswirkungen wie z.B. beim Klimawandel und damit einhergehenden Fluchtbewegungen von Menschen. Aber eben auch durch die erkundende Erarbeitung von zukunftsgerichteten Lösungen. Bspw. mit der Frage, wie man die steigende Bevölkerung auf der Erde langfristig mit weniger Beeinträchtigung der Umwelt ernähren kann. Konsequenz dieser Diskussionen könnte das Bewusstsein für eine Reduktion der Auswirkungen des Klimawandels und dadurch eine Stärkung der Lebensräume von Menschen in bislang verletzten und/oder zerstörten Umwelten sein.

In den Lehrveranstaltungen und Workshops für Studierende und pädagogische Fachkräfte behandele ich neben Definitionen von BNE und Nachhaltigkeit eine kurze Geschichte der Nachhaltigkeit, mit den wichtigsten Stationen wie „Earthrise“, der Club of Rome, den Brundtland-Bericht und die Agenda 2030. Die damit angesprochenen 17 Ziele[1] (Sustainable Development Goals = SDG´s) und der Problem-, Zukunfts- und Gerechtigkeitsbezug von BNE-Themen stellen die zentralen Merkmale dar. Die Dimensionen der Nachhaltigkeit (Bsp. Ökologie, Ökonomie, Soziales) sind ein Modell um nachhaltige Entwicklung, bzw. Ziele zu differenzieren (Kropp, 2019).

Der vordergründige Zweck dieser Inhalte ist es, Merkmale für die Umsetzung von BNE-spezifischen pädagogischen Angeboten herzustellen. Das Wissen um die Merkmale von BNE-Angeboten gibt Praktiker*innen die Möglichkeit die eigene Praxis zu betrachten und entsprechend zu entwickeln. Die Leitlinie des Schulministeriums NRW bietet dafür Kriterien an. Diese verweisen bspw. auf die Auswahl und Bearbeitung von Fragestellungen in Hinblick auf deren Zukunftsrelevanz, die Berücksichtigung mehrerer Dimensionen der Nachhaltigkeit und die Einbeziehung von Widersprüchen, Risiken und Zielkonflikten (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2019).

Die Darstellung dieser Inhalte und die Diskussion finden anhand von Themen auf der gesellschaftlichen Ebene statt (bspw. Berichterstattung in den Nachrichten, Dokumentation der Auswirkungen von Umwelteinflüssen auf Ernährung und Gemeinschaft von Menschen im globalen Süden, …). Die Teilnehmer*innen bekommen anschließend die Aufgabe ein darin erkanntes selbstgewähltes Thema auf Ebene der eigenen Praxiseinrichtung zu bearbeiten (bspw. das Thema Wasser oder Ernährung) zu erproben und die Erfahrungen und eigenen Reflexionen wieder in der Lehrveranstaltung einzubringen. Exkursionen und der dabei ermöglichte Austausch mit Expert*innen in den Handlungsfeldern bspw. zur Bauernhofpädagogik oder auch den Wasserwerken vor Ort ermöglichen neue Ideen vor dem Hintergrund der eigenen Wissensbestände der Lernenden.

Was ist das Ergebnis? Ein Entwicklungsprozess.

Die Komplexität und scheinbare allumfassende Bearbeitbarkeit von Inhalten nachhaltiger Entwicklung lassen die oben beschriebene Vorgehensweise in der Lehre und den Weiterbildungen ständig verändern und anpassen. Das aktive Ausprobieren von Ideen zu Themen und die Möglichkeiten der Vermittlung bestärkt diese Vorgehensweise. Ebenso der Austausch mit erfahrenen BNE-Lehrenden. Hier zeigt sich immer wieder eine Fülle an Vorarbeiten und Materialien für die didaktische Umsetzung[2] die eine immer gleichbleibende Lehrveranstaltung verhindern. Es sind so die große Breite an Themen, die Sichtweisen und Wissensstände der Studierenden, die didaktischen Möglichkeiten und die Fachdidaktik der Kindheitspädagogik (Meyer, Walter-Laager & Pfiffner, 2012; Walter-Laager, 2019), die Veränderungen und Anpassungen aus sich selbst heraus und der Passung zueinander ermöglichen.

Was kann das für die Praxis bedeuten?

Die Breite an Themen sorgen in kindheitspädagogischen Feldern meist für Irritationen. Warum ist das kreative Gestalten mit recyceltem Material wie bspw. die benutzten Milchtüten zwar ein Thema nachhaltigen Handelns aber (noch) keine Bildung für nachhaltige Entwicklung? Warum sind Ausflüge in den Wald und das Erleben zwar wichtig für die Anregung kindlicher Lebenswelten aber keine abgeschlossenen Inhalte von Bildung für nachhaltiger Entwicklung?

Die Gründe liegen in den vorhin benannten Inhalten, bspw. die Verknüpfung mehrerer Dimensionen der Nachhaltigkeit. An dem Beispiel der eben benannten Milchtüten ergeben sich dazu Gesprächsformate im Sinne des Philosophierens mit Kindern. Bspw. mit der Frage, wie Lebensmittel wie Milch an anderen Orten der Welt (regional/international) verpackt und gelagert werden kann? Oder was Milch ist und wie diese verwendet oder auch ersetzt werden kann. Milch wird so als Nahrungsprodukt, aber auch als Produkt der Produktion und des Erwerbs thematisiert. Milchtüten, bzw. Tetra Paks als eine Form der Aufbewahrung und Lagerung besprochen. Das spricht Inhalte der sozialen, der ökonomischen und kulturellen Dimension von Nachhaltigkeit an. Mit der Frage für was Milch benötigt wird und was im Körper damit passiert wird eine weitere Dimension (Ökologie) angesprochen.

Das kreative Gestalten mit Milchtüten ist so der Ausgangspunkt für Gespräche und Überlegungen mit Kindern, die durch anregende Bildung weit über das Basteln hinaus gehen. Pädagogische Fachkräfte haben die Möglichkeit durch die Reflexion solcher Angebote ihre professionellen Kompetenzen zu stärken. Die Kindheitspädagogik erhält mit der Bearbeitung von Bildung für nachhaltige Entwicklung die Möglichkeit, die Komplexität des Themas zu klären und die eigene Professionalität hervorzuheben und damit ihre Bedeutung für gesellschaftliche Entwicklungen zu verdeutlichen.

Literaturverzeichnis

Adomßent, M. (Hrsg.). (2012). Bildung für nachhaltige Entwicklung. Beiträge der Bildungsforschung (Bildung, Bd. 39). Bonn: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) Referat Bildungsforschung.

Anders, Y. (2013). Stichwort: Auswirkungen frühkindlicher institutioneller Betreuung und Bildung. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 16(2), 237–275. https://doi.org/10.1007/s11618-013-0357-5

Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (Hrsg.). (2020). How dare you? Die Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe für die Umsetzung ökologischer Kinderrechte [Themenheft].

Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9(4), 469–520. https://doi.org/10.1007/s11618-006-0165-2

Brodowski, M. (Hrsg.). (2022). BNE in der Kita. Bildung für nachhaltige Entwicklung in Theorie und Praxis (Zukunft leben, Welt gestalten). Freiburg: Herder.

Brunner, M., Kunter, M., Krauss, S., Baumert, J., Blum, W., Dubberke, T. et al. (2006). Welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem fachspezifischen Professionswissen von Mathematiklehrkräften und ihrer Ausbildung sowie beruflichen Fortbildung? Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9(4), 521–544.

Cloos, P. (2020). Kindheitspädagogik als Projekt. Überlegungen zu einem sich neu konturierenden Forschungs-, Praxis- und Professionsfeld. In P. Cloos, B. Lochner & H. Schoneville (Hrsg.), Soziale Arbeit als Projekt (S. 159–170). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Erlenkötter, T. (2018, 5. Juli). Bildung für nachhaltige Entwicklung im inklusiven Kontext. Zur Bedeutung von Bildung für nachhaltige Entwicklung für Kinder mit Komplexer Behinderung in Kindertageseinrichtungen. Masterarbeit. Universität zu Köln, Köln.

Faas, S. (2014). Wissen und Können einer kindheitspädagogischen Profession. In T. Betz & P. Cloos (Hrsg.), Kindheit und Profession. Konturen und Befunde eines Forschungsfeldes (Kindheitspädagogische Beiträge, S. 176–190). Weinheim: Beltz Juventa.

Kluczniok, K. (2018). Pädagogische Qualität im Kindergarten. In T. Schmidt & W. Smidt (Hrsg.), Handbuch empirische Forschung in der Pädagogik der frühen Kindheit (1. Auflage, S. 407–426). Münster: Waxmann.

König, A. (2016). Bildung in frühpädagogischen Institutionen. In R. Tippelt & B. Schmidt-Hertha (Hrsg.), Handbuch Bildungsforschung (S. 1–16). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

Kropp, A. (2019). Grundlagen der Nachhaltigen Entwicklung. Handlungsmöglichkeiten und Strategien zur Umsetzung (essentials, [1. Auflage] 2019). Wiesbaden, Germany: Springer Gabler.

Meyer, H., Walter-Laager, C. & Pfiffner, M. (2012). Leitfaden für Lehrende in der Elementarpädagogik. Ausbildung lebendig gestalten (Frühe Kindheit Ausbildung & Studium, 1. Aufl.). Berlin: Cornelsen.

Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.). (2019). Leitlinie Bildung für nachhaltige Entwicklung [Themenheft].

Schober, P. S., Spieß, C. K. & Stahl, J. F. (2016). Gute Gründe für gute Kitas! Wer nutzt welche Qualität von Kindertageseinrichtungen und was bedeutet sie für die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit? (Gute Gesellschaft – Soziale Demokratie #2017plus). Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung, Forum Politik und Gesellschaft.

Singer-Brodowski, M. & Holst, J. (2022). Nachhaltigkeit & BNE in der Frühen Bildung. Chancen durch Partizipation und ökologische Kinderrechte, Bedarfe bei der Ausbildung von Fachkräften. Kurzbericht des Nationalen Monitorings zu Bildung für nachhaltige Entwicklung (Freie Universität Berlin, Hrsg.).

Walter-Laager, C. (2019). Didaktik des Frühbereichs. Ein Balanceakt zwischen verschiedenen Möglichkeiten. In I. Schenker (Hrsg.), Didaktik in Kindertageseinrichtungen. Eine systemisch-konstruktivistische Perspektive (1. Auflage, S. 232–249). Weinheim: Beltz Juventa.


[1] https://17ziele.de/        

[2] https://www.uni-bamberg.de/nawididaktik/digitale-lernspiele-bne/lernspiel-myplanetearth/; https://www.va-bne.de/index.php/de/veranstaltungen/25-fiktive-erfahrungsraeume [22.10.2022]; https://www.bpb.de/mediathek/video/324792/konflikte-um-die-ressource-wasser/?pk_campaign=nl2021-01-13&pk_kwd=324792 [22.10.2022] 

Inklusion als Integration von Kindern mit Behinderung? Ein Blick auf die Perspektive pädagogischer Fachkräfte integrativer Kindertageseinrichtungen

| Samuel Kähler |

In den letzten Jahren ist ein Zuwachs der Betreuung von Kindern mit »besonderen Förderbedarfen« in Kindertageseinrichtungen zu verzeichnen: Mittlerweile begleiten 38% der Regeleinrichtungen mindestens ein Kind mit diagnostizierter oder drohender Behinderung (Autorengruppe Fachkräftebarometer 2021). Die Hintergründe dieser Entwicklung sind vielfältig, ein Erklärungsansatz liefert die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention und deren Inkrafttreten am 3. Mai 2008, durch welche sich Deutschland zur Schaffung eines inklusiven Betreuungssystems verpflichtet. Dass Inklusion also umgesetzt werden soll, ist klar, unklar ist jedoch, wie diese Umsetzung aussehen soll. Dies liegt u.a. an einer fehlenden Einigkeit dahingehend, was unter Inklusion überhaupt zu verstehen ist (Tures 2022).

In der aktuellen frühpädagogischen Praxis dominiert oftmals ein enges, auf die Integration von Kindern mit Behinderung verkürztes Inklusionsverständnis (Knauf & Graffe 2016). Dies ist durchaus nachvollziehbar: Frühpädagogische Fachkräfte begegnen diesem Thema insbesondere dann, wenn Kinder mit diagnostizierter oder drohenden Behinderung in der Einrichtung betreut werden sollen. Der erste Schritt hierfür ist eine Bedarfsermittlung nach dem Bundesteilhabegesetz, wonach zu prüfen ist, inwiefern eine Behinderung vorliegt, welche Auswirkungen diese hat und welche Unterstützung notwendig ist (s. BTHG vom 23.12.2016, § 13). Diese defizitorientierte Bedarfsermittlung ist sodann Grundlage für die Zuweisung zeitlicher und ökonomischer Ressourcen der Betreuung von Kindern mit besonderem Förderbedarf (z.B. Seitz 2012). Diese Kinder kommen dann als sogenannte Integrationskinder in den Regeleinrichtungen an.

Zwei Aspekte werden hier deutlich: Es zeigt sich eine strukturell-gesetzliche Verankerung der geforderten Inklusion als Integration. Der Fokus wird auf das einzelne (behinderte) Kind gerichtet, welches vor dem Hintergrund einer defizitär ausgerichteten Bedarfsbestimmung eine besondere Förderung erhält. Mit dieser verschwimmenden Differenz von Inklusion und Integration einhergehend wird eine Notwendigkeit der Etikettierung der Kinder als behindert (oder von einer Behinderung bedroht) erzeugt. Erst die Zuordnung eines Kindes in diesem zweiteiligen System Behindert-Nichtbehindert ermöglicht die Zuweisung wichtiger Ressourcen. Dieser strukturelle Zusammenhang wird unter dem Begriff des Etikettierungs-Ressourcen-Dilemmas kritisch diskutiert (z.B. Kornmann 1994).

Was will das Projekt?

Die von mir gestellte Frage ist, welches Bild die pädagogischen Fachkräfte von den sogenannten »I-Kindern« haben. Ich möchte also wissen, welche Vorstellungen über diese Kinder vorliegen und wie diese das Handeln orientieren. Grundlage für die Bearbeitung dieser Frage ist mein Dissertationsprojekt. In diesem beforsche ich Kindbilder frühpädagogischer Fachkräfte, wobei ich mit Bezug auf die Praxeologische Wissenssoziologie (Bohnsack 2017) zwischen expliziten Bildern vom Kind und impliziten Kindbildern differenziere:

  • Explizite Bilder vom Kind können von den von mir befragten AkteurInnen klar benannt werden, diese zeigen sich insbesondere in einem Sprechen über die Praxis, also in Bewertungen und Argumentationen.
  • Implizite Kindbilder sind stärker erfahrungsbezogen; sie werden durch Erfahrungen mit Kindern erworben und sind somit gebunden an ein handlungsleitendes Wissen, weshalb sie nicht direkt formuliert werden können, sondern insbesondere über Erzählungen und Beschreibungen zu rekonstruieren sind. Eben diese impliziten Kindbilder stehen hier im Fokus, wobei der Blick auf das Bild vom »I-Kind« gerichtet wird.

Wie bin ich vorgegangen?

Die zwei für diesen Beitrag herangezogenen Interviews stammen aus Gesprächen mit Fachkräften aus zwei unterschiedlichen Einrichtungen aus Mittelhessen, die sich über den Namen als integrativ ausweisen. Darüber hinaus wurden in dem Zeitraum 2020-2022 14 weitere Interviews geführt, die hier jedoch nicht miteinbezogen werden.

Die Datenerhebung erfolgte mittels Leitfadeninterviews (Helfferich 2011). In diesen erhalten die pädagogischen Fachkräfte vorrangig über erzählgenerierende Fragen den Raum, die eigene Perspektive auf Kinder zu entfalten. Ausgewertet wird das Material mit der Dokumentarischen Methode (Nohl 2017).

Was ist das Ergebnis?

Im Folgenden zeige ich, welches Bild vom »I-Kind« zwei pädagogische Fachkräfte haben, indem ich auf die Art und Weise schaue, wie sie über diese Kinder sprechen. Einsteigen möchte ich mit einem exemplarischen Auszug aus dem Interview mit Diana Dörfling.[1] Diana erzählte von einem Jungen, der etwas mehr „Begleitung“ braucht, woraufhin ich sie gebeten hatte, noch mehr von diesem Jungen zu erzählen:

„ja also ist auch mein I also ist auch n I-Kind der hat- aber so jetzt der hat zwar motorisch dadurch ähm ei- is er ein bisschen eingeschränkt da entwicklungsverzögert weil er ne (2) oh wie heißt des? ähm also offener Rücken nennt man das“ (Interview Diana)

Zunächst scheint eine starke Verbundenheit zu dem Kind auf, wenn die Akteurin von »ihrem« Integrationskind spricht. Im weiteren Verlauf steht sodann der Status »I-Kind« im Fokus. Dieser Relevanzsetzung folgend wird der Junge über seine abweichende Entwicklung beschrieben. Dem Jungen wird also eine von der Norm abweichende und defizitäre Entwicklung attestiert, die sodann wiederum mit einer angeborenen Behinderung begründet wird. Die Ursache der Behinderung läge dem folgend in dem Jungen, beziehungsweise in der Krankheit des Jungens, die als Teil des Jungens verstanden wird. Zudem fallen weitere Eigenschaften des Jungens hinter dem Status »I-Kind« und den damit einhergehenden Limitationen zurück. Im Folgenden richtet Diana den Blick auf die Fortschritte:

„er kann auch mittlerweile laufen er braucht zwar Orthesen damit die Füße ähm (.) ähm stabilisiert sind und er nicht wegknickt aber ansonsten, er kann auch ähm (.) greifen richtig (.) zwar nicht so wie die andern Kinder“ (Interview Diana)

Die defizitäre Besonderung wird weitergeführt: Gerade in der Beschreibung seiner Lern- und Entwicklungsfortschritte bleibt der ungleiche Status bestehen, wenn Diana zum einen auf die notwendige mechanische Unterstützung während des Laufens verweist und zum anderen, wenn sie die Fähigkeiten des Jungens mit denen der anderen Kinder vergleicht. Diese dienen hier als Hintergrundfolie, vor dem die Fähigkeit des Jungens eingeordnet und sodann als abweichend konstruiert wird. Diese Weise des Sprechens über Integrationskinder findet sich auch in weiteren Fällen. So erzählt beispielsweise Karin Kraus[2] ebenfalls von ihrem „I-Kind“, welches sich zwar entwickelt, aber nach wie vor „sprachliche Probleme“ hat.

Konsequenz dieser defizitären Besonderung der Kinder ist zumeist eine gezielte Einzelförderung: Exemplarisch hierzu ein Auszug aus dem Interview mit Karin:

„ja wir waren letzte Woche auch zusammen im Sprachraum dann haben wir zusammen ähm so Zungengymnastik gemacht […] das hab ich in so lustige Geschichte verpackt […] haben zusammen Wörter geklatscht, was ich immer ganz wichtig find so für die ähm die Sprache; und ähm haben dann auch noch zusammen ein Bilderbuch betrachtet wo sie mir ein bisschen was erzählen konnte so weit wie sie das schafft“ (Interview Karin)

Im Kontext der Fördermaßnahme wird das Kind nicht nur über den Status des »I-Kindes«, sondern nun auch räumlich aus der Gruppe hervorgehoben. Zu beobachten ist also eine doppelte Besonderung über den Status und der zeitlich limitierten räumlichen Abgrenzung. In eben diese Rahmung eingebettet wird nun gezielt an den ausgemachten Defiziten des Kindes gearbeitet, wobei Karin die Sitzung inhaltlich steuert.

Zusammenfassung:

  1. Das Bild vom »I-Kind« ist strukturiert durch eine Konstruktion einer defizitären Andersartigkeit. Krähnert, Zehbe und Cloos (2022) sprechen mit Blick auf diese Weise der Hervorhebung treffend von einer „negativen Verbesonderung“. Die Kinder werden über ihre entwicklungsbezogenen Abweichungen und den hiermit einhergehenden Status sowie über die gezielten Fördermaßnahmen von dem Rest der Gruppe abgegrenzt. Die jeweiligen Defizite werden dabei als wesentlicher Teil der Kinder verstanden. Konsequenz hieraus ist zumeist die Förderung der Kinder, also das gezielte Bearbeitung von ausgewiesenen Defiziten und eine Normalisierung der Entwicklung.
  2. Mit Blick auf die eingangs skizzierten und notwendigen Etikettierungs-Prozesse erscheint dieses Bild vom »I-Kind« als eine Bearbeitung des zugrundeliegenden Spannungsfeldes: Bereits über den für die Ressourcenzuweisung notwendigen Status des »I-Kindes« tritt das Kind als besonders aus der Gruppe hervor. Somit ist die negative Besonderung der Kinder sowie eine Reduzierung von Inklusion auf die Integration einzelner (behinderter) Kinder bereits strukturell angelegt und durchaus sinnhaft sowie funktional. Pädagogische Fachkräfte bewegen sich also in Strukturen, die das hier aufgezeigte Bild miterzeugen, zugleich erhalten sie diese Strukturen durch ihr Handeln aufrecht und stellen diese immer wieder neu her.

Was kann das für die Praxis bedeuten?

Wenn es das Ziel sein soll, Inklusion nicht auf die Integration von Kindern mit Behinderung zu begrenzen, ist über die folgenden Aspekte nachzudenken:

  1. Integration oder Inklusion: Erster Ansatzpunkt wäre eine klare begriffliche und inhaltliche Unterscheidung zwischen Integration und Inklusion. Wie die Benennungen »Integrationskinder« und »integrative Einrichtungen« aufzeigen, ist der Integrationsbegriff nach wie vor von zentraler Bedeutsamkeit. Ist Inklusion das Ziel, muss geklärt werden, was hierunter verstanden wird und Inklusion als Ziel sodann auch benannt werden.
  2. Inklusion und Behinderung: Inklusion als Integration von Kindern mit Behinderung verkürzt den inklusiven Gedanken nicht nur auf das Ziel der Integration, sondern ebenso auf die Vielfaltsdimension Behinderung. Ein weites Inklusionsverständnis geht hierüber hinaus und impliziert den Anspruch, Kinder in ihren Mehrfachzugehörigkeiten wahrzunehmen: Nicht nur eine Behinderung, sondern auch andere Zugehörigkeiten wie Geschlecht oder Herkunft können Teilhabebarrieren zur Konsequenz haben, die es zu beachten gilt. Kinder tragen also viele Eigenschaften in sich, über die sie beschrieben werden können. Inklusion wird dann zu einem Konzept für alle Kinder, wie es beispielsweis im Ansatz der Vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung (Wagner 2017a) vertreten wird.
  3. Etikettierungen: Auf der einen Seite sind Etikettierungen pädagogisch relevant, wie Dederich (2017) aufzeigt. Auf bestimmte Etikette zu verzichten würde bedeuten, hieran anschließendes Wissen zu ignorieren – zum Beispiel im Bereich der Förderung der motorischen Entwicklung – und also eine „Unschärfe pädagogischer Interventionen“ in Kauf zu nehmen. Auf der anderen Seite befördern Etikettierungen Stigmatisierungen und Veränderungen des Selbstbildes betroffener Personen (Wagner 2017b). Dieses Dilemma ist nicht aufzulösen, wichtig ist aber: Etikettierungen sollten mit dem Wissen um deren stigmatisierender Wirkung genutzt und nie auf eine Person als Ganzes bezogen werden. Ein Kind sollte immer mehr sein, als nur seine Behinderung. Zudem sind Etikettierungen auf deren pädagogische Relevanz zu befragen: So kann das Etikett der motorischen Entwicklungsverzögerung durchaus wichtig sein, um präziser fördern zu können, während das formal notwendige aber zugleich sehr undifferenzierte Etikett des »I-Kindes« das Kind primär als defizitär-anders von den anderen Kindern abhebt. Das Sprechen über Kinder (z.B. mit Eltern oder KollegInnen) und auch mit Kindern ist demnach auf Etikettierungen zu hinterfragen, die pädagogisch irrelevant sind und zugleich Diskriminierung und Barrieren erzeugen können.
  4. Barrieren: Ein zentraler Mehrwert einer inklusionstheoretischen Perspektive ist der Fokus auf behindernde Strukturen, mit der Intention, diese abzuschwächen oder gar zu entfernen. Diese Barrieren können materielle Barrieren sein (z.B. Treppen und geschlossene Türen), die zu erkennen und beseitigen sind, oder aber auch Barrieren, die durch Diskriminierung und Ausgrenzung erzeugt werden (z.B. Vorurteile und stigmatisierende Etikettierungen), welche nur reflexiv aufgelöst werden können. Nicht nur das Kind, sondern auch die Umwelt und die Erwachsenen als Teil dieser Umwelt sollten Ansatzpunkt für Intervention sein. (Beher et al. 2021)

Pädagogischen Fachkräften kommt eine sehr herausfordernde Aufgabe zu: Obwohl Inklusion rechtlich vorausgesetzt wird, arbeiten sie in Strukturen, die eine Reduzierung von Inklusion auf eine Integration von Kindern mit Behinderung begünstigen und sind zugleich Teil der Aufrechterhaltung dieser Strukturen. Die hier vorliegenden Spannungsfelder können die pädagogischen Fachkräfte nicht in Gänze auflösen – dennoch sind sie zentrale Akteure, ohne die eine inklusive Betreuung nicht umgesetzt werden kann. Eine kritische Reflexion vorliegender Strukturen, Barrieren und der eigenen Perspektive auf das Kind können hierfür erste, wichtige Ansatzpunkte sein.

Literaturverzeichnis

Beher, K., Fuchs-Rechlin, Gessler, A., Hanssen, K., Hartwich, P., Peucker, C. et al. (2021). Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2021 (Bd. 2021). München: Deutsches Jugendinstitut e.V.

Bohnsack, R. (2017). Praxeologische Wissenssoziologie. Opladen, Toronto: Verlag Barbara Budrich.

Bundestag. Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. BTHG.

Dederich, M. (2017). Zwischen Wertschätzung von Diversität und spezialisierter Intervention. Ein behindertenpädagogisches Dilemma im Zeichen der Inklusion. In U. Stenger, D. Edelmann, D. Nolte & M. Schulz (Hrsg.), Diversität in der Pädagogik der frühen Kindheit. Im Spannungsfeld zwischen Konstruktion und Normativität (S. 73–84). Weinheim: Beltz.

Helfferich, C. (2011). Die Qualität qualitativer Daten. Manual für die Durchführung qualitativer Interviews (4. Auflage). Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Knauf, H. & Graffe, S. (2016). Alltagstheorien über Inklusion. Frühe Bildung, 5(4), 187–197.

Kornmann, R. (1994). Von der prinzipiell nie falschen Legitimation negativer Ausleseentscheidungen zum Etikettierungs-Ressourcen-Dilemma. Oder: Gibt es überhaupt Perspektiven für eine förderungsorientierte Diagnostik? Behinderte in Familie, Schule und Gesellschaft, 17(1), 51–59.

Krähnert, I., Zehbe, K. & Cloos, P. (2022). Polyvalenz und Vulneranz. Empirische Perspektiven auf inklusionsorientierte Übergangsgestaltung in Elterngesprächen (Kindheitspädagogische Beiträge, 1. Auflage). Weinheim, Basel: Beltz Juventa.

Nohl, A.‑M. (2017). Interview und Dokumentarische Methode. Anleitungen für die Forschungspraxis. 5. Aufl. Wiesbaden: Springer VS.

Seitz, S. (2012). Frühförderung inklusive – Inklusive Pädagogik in Kindertageseinrichtungen mit Kindern bis zu drei Jahren. In B. Gebhard & B. Hennig (Hrsg.), Interdisziplinäre Frühförderung. Exklusiv – kooperativ – inklusiv (S. 315–322). Stuttgart: Kohlhammer.

Tures, A. (2022). Inklusion und Diversität: soziale Vielfalt im Blick. In N. Neuß & S. Kähler (Hrsg.), Grundwissen Kindheitspädagogik. Eine Einführung in Perspektiven, Begriffe und Handlungsfelder (S. 237–248). Berlin: Cornelsen; Verlag an der Ruhr.

Wagner, P. (Hrsg.). (2017). Handbuch Inklusion. Grundlagen vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung. Freiburg im Breisgau: Verlag Herder.

Wagner, P. (2017). Vielfalt und Diskriminierung im Erleben von Kindern. In P. Wagner (Hrsg.), Handbuch Inklusion. Grundlagen vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung (S. 87–106). Freiburg im Breisgau: Verlag Herder.


[1] Diana ist eine Erzieherin in einer integrativen Einrichtung und hier vorrangig im Krippenbereich tätig. Alle personenbezogenen Angaben sind anonymisiert.

[2] Karin ist ebenfalls eine Erzieherin in einer integrativen Einrichtung, hat jedoch zusätzlich eine Heilpädagogikausbildung absolviert und arbeitet im Ü3 Bereich.

Diversität und Kindheitspädagogik: reflexive pädagogische Ansätze und Konzepte

| Svenja Garbade und Peter Cloos |

Die kindheitspädagogische Praxis ist dazu aufgerufen, den Umgang mit Diversität als ein zentrales Thema professioneller Arbeit in den pädagogischen Alltag einzubinden. Sie soll diversitätsreflexiv gestaltet werden, um Vorurteile nicht zu reproduzieren, um Diskriminierung zu begegnen und um eine verbesserte Teilhabe von allen Kindern zu ermöglichen (u.a. Haude/Volk 2015; Cloos 2015; Garbade 2021). In der Kindheitspädagogik lassen sich unterschiedliche Ansätze und Konzepte finden, die ein diversitätsreflexives Handeln in der Praxis unterstützen wollen. Allerdings fehlen bislang systematische Überblicke. Auch wenn Konzepte und Ansätze bereits eine lange Tradition in kindheitspädagogischen Settings haben, steht in der Fachdebatte die Frage nach ihren konzeptionellen Grundlagen sowie ihrer Anwendung im Vordergrund und weniger die Reflexion ihrer Potentiale und Grenzen.

In einer digitalen Vortragsreihe des Kompetenzzentrums Frühe Kindheit Niedersachsen der Universität Hildesheim in Kooperation mit dem Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung (nifbe) im Wintersemester 2021/2022 haben wir dieses Desiderat aufgegriffen. Wir haben uns auf die Suche nach reflexiven kindheitspädagogischen Ansätzen und Konzepten gemacht und haben Protagonist*innen dieser Ansätze und Konzepte eingeladen, diese vorzustellen und mit uns zu diskutieren. Vorträge hielten z.B. Stephanie Nordt von Queerformat, Mai-Anh Boger und die Amadeu-Antonio-Stiftung.

Was ist das Phänomen? Was will die Vortragsreihe?

Vor dem Hintergrund verschiedener Ausgangslagen von Familien steht die kindheitspädagogische Praxis vor der Anforderung, den Umgang mit Diversität als ein zentrales Thema professioneller Arbeit nicht nur in den pädagogischen Alltag einzubinden, sondern ihm auch konzeptionell zu begegnen. Die im Rahmen von biografischen und milieuspezifischen Erfahrungen erworbenen Einstellungen und Umgangsweisen in Bezug auf Diversität gilt es nicht nur individuell, sondern gemeinsam im pädagogischen Alltag bzw. im Studium zur reflektieren (Kaul 2019). Kindheitspädagogische Ansätze und Konzepte können mit ihren spezifischen Methoden und Techniken dazu beitragen, alternative diversitätsreflexive Handlungswege für eine (zukünftige) pädagogische Praxis aufzuzeigen und organisational einzubetten. Da diese an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis angelegt sind, eignen sie sich in besonderer Weise dafür, mit unterschiedlichen Lerngruppen zu arbeiten. Hiervon ausgehend haben wir eine Form der Veranstaltung gewählt, die sowohl in der pädagogischen Praxis Tätige und angehende akademische Fachkräfte als auch Personen aus Forschung, Fachberatung, Weiterbildung und in konzeptioneller Verantwortung (z.B. bei Trägern) ansprechen sollte. Die Vortragsreihe sollte pädagogische Ansätze und Konzepte im Kontext von Diversität greif- und übersetzbar machen, aber auch die Möglichkeit geben, die dargestellten Ansätze und Konzepte theoretisch zu untersuchen und Ideen für konzeptionelle Weiterentwicklungen zu erhalten.

Zu diesem Zweck hat das nifbe die Vortragsreihe in ihre Themenreihe zu Demokratie eingebettet. Auf diese Weise war es möglich, dass ein breites Spektrum an Fachkräften, Studierenden, Forschenden, Fachberater*innen, Weiterbildner*innen und konzeptionell Verantwortlichen an der Reihe teilgenommen haben. Zudem wurden an der Universität Hildesheim zwei Begleitseminare im erziehungswissenschaftlichen Studium bei den Bachelor- und Masterstudierenden angeboten. In den Seminaren haben Studierende theoretische Perspektiven auf die jeweiligen Ansätze geworfen. Diese wurden durch das Reflektieren der Vorträge sowie den jeweiligen Diskussionen bereichert und die Bedeutung für die pädagogische Praxis herausgearbeitet. Durch die Einbindung der trilemmatischen Inklusion (Boger 2019) sowie dem Inklusionsverständnis von Katzenbach (2015) konnten die Ansätze und Konzepte vergleichend nebeneinander gestellt werden. Konstitutiv haben die Studierenden so einen Einblick in die forschungsmethodisch basierte Konzeptanalyse erhalten sowie diese mit den aus dem Plenum formulierten Bedarfen und Wünschen abgeglichen. Ein aktiver Theorie-Praxis-Transfer auf konzeptioneller Ebene wurde damit ermöglicht ebenso wie der differenzierte Blick auf verschiedener Ansätze. Diese Form der forschungsorientierten Reflexivität im Schwingen zwischen Theorie, praktischen Einlassungen sowie diskursiv verhandelten Entwicklungen konnten zur weiteren Kompetenzausbildung der künftigen Erziehungswissenschaftler*innen beitragen.

Wie sind wir vorgegangen?

Pädagogische Ansätze und Konzepte werden im „Überschneidungsbereich zwischen wissenschaftlichen Theorien und professionellen Handlungssystem“ (Schmidt/Sauerbrey/Smidt 2022, S. 8) verortet. Sie vermitteln, auf welcher theoretischen Grundlage wie, mit welchen Methoden und Verfahren, in Bezug auf welche Inhalte pädagogisch gehandelt werden soll. Pädagogische Ansätze und Konzepte können als ein mehr oder weniger integriertes System von theoretischen Bezügen (z.B. Lerntheorie), pädagogischen Überzeugungen (z.B. demokratischen Gestaltung der Gesellschaft), Methoden (z.B. Bildungs- und Lerngeschichten) und Techniken (eine Bildungs- und Lerngeschichte vorlesen) gefasst werden (Galuske 2013, S. 28 ff.). Sie entstehen häufig im Kontext von sozialen Bewegungen und beinhalten Vorstellungen über eine veränderte, reformierte Pädagogik. Auch wenn pädagogische Ansätze und Konzepte darauf abzielen, pädagogisches Handeln nachvollziehbar, planbar und kontrollierbar zu machen (vgl. Galuske 2013, S. 35), dürfen diese nicht als bloße handlungsoptimierende Toolbox im Sinne einer Sozialtechnologie aufgefasst werden. Vielmehr müssen sie als professionelle Grundlage zur Reflexion genutzt werden. Sie ermöglichen Reflexivität, weil sie auf den Ebenen der Sach-, Ziel-, Personen-, Arbeitsfeld- und Institutionen- sowie der Situations- und Planungsorientierung die Reflexion professionellen Handelns ermöglichen. In Bezug auf professionelles Handeln muss grundlegend davon ausgegangen werden, dass Handlungssituationen durch Komplexität, Ungewissheit und widersprüchliche Anforderungen strukturiert sind und eine professionelle Reflexivität benötigen (Cloos 2015). In Bezug auf Diversität gilt es zudem, Differenzen und damit verbundene Normierungen und Kategorisierungen wahrzunehmen, die eigene Eingebundenheit in Macht- und Ungleichheitsverhältnisse zu vergegenwärtigen, um so diversitätsreflexiv, das heißt auch zuschreibungs- und diskriminierungssensibel handeln zu können (Kuhn 2021, S. 61; Lochner/Kaul/Gramelt 2021).

Dies erfordert die Reflexion u.a.

  • der eigenen Biografie,
  • des eigenen gesellschaftlichen Standortes,
  • der normativen Leitbilder,
  • der Prozesse institutioneller Diskriminierung,
  • die Sensibilisierung für die Perspektive der Kinder und
  • die Betrachtung gesellschaftlicher und gesellschaftspolitischer Rahmenbedingungen (ebd., S. 62 f.).

Insbesondere die Berücksichtigung der mit Differenz verbundenen Dilemmata, wie das Differenzdilemma (Kuhn 2013), das Reifizierungsproblem (Kubandt 2016; Garbade 2021) und das Trilemma der Inklusion (Boger 2019) erfordern ein hohes Niveau der Reflexion. Unklar bleibt, inwieweit pädagogische Ansätze und Konzepte diese Anforderungen technologisieren oder systematisch einbinden.

Was sind die Ergebnisse?

In sechs Vorträgen der Vortragsreihe wurden sehr unterschiedliche Perspektiven auf Diversität entworfen. Dabei wurden verschiedene Differenzlinien mal stärker einzeln, mal stärker miteinander verwoben betrachtet. Mai-Anh Boger hat uns in ihrem grundlegenden und einführenden Beitrag mit ihrem Blick auf Inklusion als Fremdheitserfahrung beeindruckt. So stellte sie heraus, dass die Bemühungen um Inklusion als Wohlfühlfaktor einer wirksamen Veränderung der gesellschaftlichen Ausschlusspraktiken entgegenstehen. Deswegen plädiert Mai-Anh Boger für die Wahrnehmung der In_Differenz wie auch das transformatorische Potential von Fremdheitserfahrungen zu nutzen. Am Beispiel der häuslichen Gewalt gegen Kinder wurde durch Boger verdeutlicht, wie fragil und wirkmächtig die Zuschreibungen zeitgleich sind. Die Frage, was indifferent bleiben muss und was Zuschreibungen erfahren muss, sind dabei einer feinen Balance unterworfen.

Die Amadeu Antonio Stiftung hat auf Basis der Broschüre „Ene Mene Muh und raus bist du“ über die Vereinnahmung von Kindern und Kindeswohl durch rechtspopulistische Bewegungen gesprochen. In diesem Zusammenhang wurde besonders betont, wie groß die Herausforderungen für kindheitspädagogische Fachkräfte sind, erstens rechtspopulistische Zeichen und Positionen als solche zu erkennen und zweitens auf diese methodisch sicher zu reagieren. Auch die Vereinnahmung von familialen Erziehungsidealen mit rechtspopulistischen Ideologien sowie Verschwörungsmythen erfordern neue Konzepte für die Kindertagesbetreuung. Die Amadeu Antonio Stiftung hat dazu in ihrer erarbeiteten Broschüre Fallvignetten erarbeitet, die einen möglichen pädagogischen Umgang umreißen, über Handlungsmöglichkeiten aufklären und zur Reflexion anregen.

Das Projekt Ukfa – Unterstützte Kommunikation für Alle, vorgestellt durch Madlen Goppelt-Kunkel und Maren Schüler, zeigt die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes eines großen Kita-Trägers, der die gebärdenunterstützte Kommunikation eingeführt hat. Als zentrale Ergebnisse ist die nachhaltige Implementation von gebärdenunterstützter Kommunikation bei regelmäßigem Gebrauch durch die Fachkräfte festzustellen. Die Kinder zeigen einen signifikanten Aufbau eines aktiven Wortschatzes an Gebärden. Kinder mit vorher guten Sprachkenntnissen sind beim Lernen leicht im Vorteil.

In dem Vortrag von Stephanie Nordt von Queerformat ging es um die Reflexion von Heteronormativität in Kindertageseinrichtungen. Auf Grundlage der entwickelten Broschüre „Murat spielt Prinzessin, Alex hat zwei Mütter und Sophia heißt jetzt Ben“ wurde in dem Vortrag zu den Themen sexueller Bildung und Orientierung, sowie geschlechtliche Identität aufgeklärt. Insbesondere wurden hier normative Annahmen über Familie thematisiert, um aufzuzeigen, wie pädagogische Fachkräfte fachlich wie auch rechtlich gegen populistische Behauptungen argumentieren können.

Der Vortrag von Almut Schnerring vom Klische*esc behandelte die Stereotypisierungen innerhalb der Gesellschaft in Bezug auf Geschlecht. Der Vortrag verdeutlichte, wie ungleich Frauen* und Männer*, Mädchen* und Jungen* durch Werbung, Spielmaterial, Zeichentrickserien, Bücher und weitere Einflüsse adressiert werden. Dies erzeuge Ungleichheit auch in Bezug auf die Rollenerwartungen. Als Konzept wurde der Medienkoffer vorgestellt, der 30 Bilderbücher und 10 Fachbücher zu Erweiterung von geschlechtlichen Rollenkonzepten und -erwartungen beinhaltet. Dieser ist speziell für Kindertageseinrichtungen konzipiert worden.

Nuran Ayten von der Fachstelle Kinderwelten stellte in der Vortragsreihe die Vorurteilsbewusste Bildung und Erziehung als inklusives Praxiskonzept vor. Dabei bezieht sich das Konzept auf die Elemente der Wissenserweiterung, der Selbst- und Praxisreflexion. Dabei werden verschiedene Ziele verfolgt, die zu einem Bewusstsein anregen, damit allen Kindern Zugang zu Erfahrungen mit Vielfalt eröffnet, sowie kritisches Denken angeregt werden soll. Zu guter Letzt sollen daraus Aktivitäten gegen Diskriminierung erwachen. Im Fokus steht die Kritik an adultistischen Blickweisen in der Arbeit mit Kindern und deren Reflexion. Damit wird auch das gesellschaftliche Erziehungsverständnis infrage gestellt und einer Reflexion unterzogen.

Wie diversitätsreflexiv sind diese Ansätze? Was bedeutet das für die Praxis?

Unsere Reflexionen in den begleitenden Seminaren haben aufgezeigt: Die Vorträge haben unterschiedliche Differenzkategorien mal stärker einzeln oder mal mehr oder weniger miteinander verwoben in den Blick genommen: Geschlecht (Klische*esc), spezifischer Förderbedarf (Ukfa), geschlechtliche und sexuelle Vielfalt (Queerformat), aber auch Diversität (Kinderwelten). Reflexivität wird zunächst darüber ermöglicht, dass die vorgestellten Ansätze die Bedeutung dieser Differenzen und damit verbundenen Diskriminierungen und (Einschränkungen von) Teilhabemöglichkeiten zur Diskussion stellen und auch methodisch geleitet Alternativen des pädagogischen Umgangs damit anbieten. Sie haben ebenso ermöglicht, spezifische Leerstellen im Vielfaltsdiskurs (Mai-Anh Boger, Amadeu Antonio Stiftung) der Reflexion zugänglich zu machen. Deutlich wurde aber auch, dass die Konzepte in Bezug auf die Integration von Theorien, Methoden und Techniken unterschiedlich breit ausgearbeitet sind. Nicht alle Ansätze und Konzepte müssen breit und integrierend angelegt sein, nicht immer ist es sinnvoll alle Differenzkategorien intersektional einzubeziehen. Gefragt werden kann aber: Wann macht es Sinn, stärker intersektional und integrierend im obigen Sinne zu arbeiten und wann ist es geboten, spezifische Kategorien bearbeiten (Katzenbach 2015; Riegel 2016).

Diversitätsbezogene Reflexivität kann unterschiedlich angesetzt werden: die oben benannten Ebenen der Sach-, Ziel-, Personen-, Arbeitsfeld- und Institutionen- sowie der Situations- und Planungsorientierung finden dabei in den Konzepten unterschiedlich Berücksichtigung.

Aufgefallen ist, dass eine Metaperspektive fehlt: Denn es reicht nicht, unterschiedliche Ansätze zu kennen und nebeneinander zu stellen. Es muss auch Reflexionsfolien geben, die es ermöglichen, die Ansätze und Konzepte vergleichend zu betrachten. Diese Folien braucht es, um in der (zukünftigen) pädagogischen Praxis zu entscheiden, wie pädagogisches Handeln im Kontext von Diversität durch welche Ansätze und Konzepte in welcher Kombination begleitet und damit einer Reflexion zugänglich gemacht werden soll.

Im kommenden Wintersemester 2022/2023 werden wir uns weiter auf Spurensuche begeben: es wird eine zweite Vortragsreihe zu Diversität und Kindheitspädagogik im Onlineformat stattfinden. Wir haben in dieser Reihe die Möglichkeit, pädagogische Konzepte und Ansätze zu Hochbegabung, Armut, Antisemitismus, Flucht und Migration sowie zum allgemeinen Umgang mit Heterogenität zu diskutieren. Anmeldungen sind kostenfrei über das nifbe möglich. Wir freuen uns über Impulse, Diskussionen und Interessierte.

Literatur

Boger, M.-A. (2019) Theorien der Inklusion: Die Theorie der trilemmatischen Inklusion zum Mitdenken. Theorie der trilemmatischen Inklusion: Bd. 4. Bielefeld: edition assemblage.

Cloos, P. (2015): Diversität und Inklusion in der aktuellen kindheitspädagogischen Professions- und Professionalisierungsforschung. In: Haude, C./Volk, S. (Hrsg.): Diversity Education in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte. Weinheim: Beltz Juventa, S. 47-71.

Galuske, M. (2013): Methoden der Sozialen Arbeit. Eine Einführung. Weinheim: Belz Juventa. 10. Überarbeitete Auflage.

Garbade, S. (2021): Geschlecht aus Perspektive frühpädagogischer Fachkräfte: Pädagogische Irrelevanzdemonstration. Konsequenzen für eine Inklusive Bildungsforschung. In: Bätge, C./Cloos, P./Gerstenberg, F./Riechers, K. (Hrsg.): Inklusive Bildungsforschung der frühen Kindheit. Empirische Perspektiven und multidisziplinäre Zugänge. Weinheim: Beltz Juventa, S. 235-252.

Haude, C./Volk, S. (2015) (Hrsg.): Diversity Education in der Ausbildung frühpädagogischer Fachkräfte. Weinheim: Beltz Juventa.

Katzenbach, D. (2015): De-Kategorisierung inklusive? Über Risiken und Nebenwirkungen des Verzichts auf Etikettierungen. In: Huf, C./Schnell, I. (Hrsg.): Inklusive Bildung in Kita und Grundschule. Stuttgart:  Kohlhammer, S. 33-55.

Kaul, Ina (2019): Bildungskonzepte von Pädagoginnen in Kindertageseinrichtungen. Eine empirisch-rekonstruktive Untersuchung biografischer Wege. Wiesbaden: Springer VS.

Kuhn, M. (2013): Professionalität im Kindergarten. Eine ethnographische Studie zur Elementarpädagogik in der Migrationsgesellschaft. Wiesbaden: Springer VS.

Kuhn, M. (2021): Differenz als grundlegender Bezugspunkt Forschenden Lernens. In: Lochner, B./Kaul, I./Gramelt, K. (Hrsg.): Didaktische Potenziale qualitativer Forschung in der kindheitspädagogischen Lehre. Weinheim: Beltz Juventa, S. 56-70.

Kubandt, M. (2016): Geschlechterdifferenzierung in Kindertageseinrichtungen. Eine qualitativ-rekonstruktive Studie. Opladen u.a.: Verlag Barbara Budrich.

Lochner, B./Kaul, I./Gramelt, K. (2021) (Hrsg.): Didaktische Potenziale qualitativer Forschung in der kindheitspädagogischen Lehre. Weinheim: Beltz Juventa.

Riegel, C. (2016): Bildung – Intersektionalität – Othering. Pädagogisches Handeln in wiedersprüchlichen Verhältnissen. Bielefeld: transcript.

Schmidt, T./Sauerbrey, U./Smidt, W. (2022): Frühpädagogische Handlungskonzepte – Forschungsstand und Forschungsperspektiven. In: Cloos, P./Jester, M./Kaiser-Kratzmann, J./Schmidt, T./Schulz, M. (Hrsg.): Kontinuität und Wandel in der Pädagogik der frühen Kindheit. Handlungsfelder, pädagogische Konzepte und Professionalisierung. Weinheim: Beltz Juventa, S. 98-114.


Call for Participation: Inklusions- und Exklusionsprozesse im pädagogischen Alltag

| In eigener Sache |

Institutionen der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung gehören zur Lebens- und Bildungsbiografie von 92 % aller Kinder in Deutschland (Autorengruppe Bildungsbericht­erstattung 2022, S. 104). Jedes Kind sammelt auf diese Weise individuelle Erfahrungen in institutionellen Settings – in der Kindertageseinrichtung, der Kindertages­pflege, in Spielgruppen, Schulvorbereitungs­gruppen, heilpädagogischen Einrichtungen, Sprachfördergruppen etc.

So divers diese Institutionen sind, so divers sind auch die dort erlebten Kindheiten. Unter den Stichworten „institutionalisierte Kindheit“ (u.a. Betz et al. 2018) und „organisierte Kindheit“ (Rauschenbach 1994, S. 103) wird in der Forschung zum Ausdruck gebracht, dass Kinder und damit Kindheiten nicht nur institutionell geprägt sind, sondern Kindheit durch die Institutionen sowie die dort vorhandenen Strukturen, Prozesse und Kulturen (Booth/Ainscow 2017, S. 63) beeinflusst werden.

Damit kann demnach nicht von DER institutionalisierten oder organisierten Kindheit gesprochen werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die verschiedenen institutionellen Betreuungssettings und –formen auch in sich sowie in ihren Strukturen, Prozessen und Kulturen divers sind.

Mit diesem Call laden wir dazu ein, Blogbeiträge im Umfang von ca.  10 000 – 13 000 Zeichen für unseren Blog Diversekindheiten.de zu verfassen. Der Blog stellt regelmäßig Beiträge zu Forschungs(zwischen)ergebnissen kostenfrei zur Verfügung, um den Austausch und Transfer zwischen Wissenschaft, Praxis und Gesellschaft praxisorientiert und aktuell zu gestalten.

Wir freuen uns auf Beiträge, die sich aus einem Projektkontexten, Dissertationsvorhaben oder Lehr-Lern-Forschungsprojekten heraus mit einem der folgenden Aspekte beschäftigen:

  • Inwiefern beeinflussen Strukturen, Kulturen und Praktiken Inklusions- und Exklusionsprozesse in pädagogischen Institutionen?
  • Welche Perspektiven haben verschiedene Akteur*innengruppen (Eltern, Kinder, pädagogische Fachkräfte) auf exkludierende und inkludierende Prozesse im pädagogischen Alltag?
  • Wie können sich Institutionen der frühen Bildung, Betreuung und Erziehung sich selbst in den Blick nehmen und im Sinne von Organisationsentwicklung verändern?
  • Was brauchen Institutionen um inklusive Strukturen, Kulturen und Praktiken zu entwickeln, auszubauen oder aufzubauen?

Alle Beiträge werden von den Heraus­geberinnen begleitet. Wir freuen uns auf Ihre Einreichungen bis zum 31.10.2022 an DiverseKindheiten@uni-hildesheim.de. Bitte beachten Sie die Informationen für Autor*innen auf der Homepage. Die Beiträge werden voraussichtlich im Winter 2022/2023 veröffentlicht.

Ihre Herausgeberinnen

Svenja Garbade und Katja Zehbe

Literaturverweise

Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.) (2022). Bildung in Deutschland. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal. https://www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht-2022.

Betz, T., Bollig, S.; Joos, M. & Neumann, S. (Hrsg.) (2018). Institutionalisierungen von Kindheit. Childhood studies zwischen Soziologie und Erziehungswissenschaft. Weinheim: Beltz Juventa.

Booth, T. & Ainscow, M. (2017). Index für Inklusion. Ein Leitfaden für Schulentwicklung. Weinheim: Beltz.

Rauschenbach, T. (1994). Inszenierte Solidarität: Soziale Arbeit in der Risikogesellschaft. In U. Beck, & E. Beck-Gernsheim (Hrsg.), Riskante Freiheiten: Individualisierung in modernen Gesellschaften (S. 89-111). Frankfurt am Main: Suhrkamp. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-37580