Demokratiebildung in Qualitätsverfahren der Kindheitspädagogik – von Anti-Diskriminierung, Diversität und Inklusion: Was steht drin, wenn’s drauf steht?

| Hoa Mai Trần |

Einleitung

Die Diskussion um Qualität in der frühkindlichen Bildung wurde maßgeblich durch den „Pisa-Schock“ 2001 vorangetrieben. Qualitätsverfahren werden als Instrumente zur Steuerung der pädagogischen Praxis angesehen. Neben quantitativem Ausbau wurden Bildungs- und Orientierungspläne erstellt, und Fragen nach „guter“ Qualität aufgeworfen. Dies führte zu einem verstärkten Fokus auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit, wobei Qualität definiert und überprüft werden musste. Es entstanden zahlreiche Verfahren und Instrumente zur Qualitätsentwicklung und -sicherung, wobei unterschiedliche Ansätze und Modelle diskutiert wurden. Dabei wurden und werden sowohl interne als auch externe Evaluationen verwendet, um Qualität zu sichern oder zu verbessern. Kontroversen gibt es nach wie vor darüber, wer „gute“ Qualität festlegt und überprüft und wie demokratisch und inklusiv diese Verfahren sind. Peter Moss betont, dass Qualität nicht nur objektiv gemessen werden kann, sondern ein konstruierter und kollektiver Prozess der Bedeutungskonstruktion sind (Pence, Moss 1994, S. 172; Moss 2016, S. 10, 15). Er schlägt vor, Evaluation als demokratischen Prozess zu verstehen, bei dem verschiedene Akteure gemeinsam Sinn und Bedeutung konstruieren. Demokratiebildung sollte daher integraler Bestandteil der Qualitätsdiskussion sein, um ein professionelles und demokratisches Bildungssystem zu gewährleisten (Dahlberg et al. 2013, S. xv; Moss 2016, S. 11f.; Moss, Urban 2010). Im 16. Kinder- und Jugendbericht wird die Bedeutung von Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung hervorgehoben (BMFSFJ 2020, S. 163ff., 176). Gefordert wird eine stärkere Ausrichtung an Demokratiebildung in der Analyse von Bildungsplänen (Wolter 2021), der Bedarf der Analyse von Qualitätsdiskursen im Elementarbereich wird verdeutlicht. Diese sind folglich stärker auf Demokratiebildung auszurichten, was das Vorhaben im Rahmen des Kompetenznetzwerks „Demokratiebildung im Kindesalter“ der Fachstelle Kinderwelten (ISTA) aufgriff.

Was will das Projekt?

Verschiedene Qualitätsverständnisse führten zu den verschiedenen Verfahren und Instrumentarien, die in der kindheitspädagogischen Landschaft Anwendung fanden und finden. Doch wer definiert „gute“ Qualität auf welcher Art und Weise? Im Rahmen des Kompetenznetzwerk für Demokratiebildung im Kindesalter angesiedelt an der Fachstelle Kinderwelten (ISTA) wurde 2021-2023 eine Dokumentenanalyse zu „Demokratiebildung in Qualitätsverfahren“ durchgeführt. Ziel der Analyse ist es, einen kritischen Blick in die heterogene Qualitätslandschaft mit Fokus auf den Elementarbereich zu werfen. Es wurden 21 Qualitätsverfahren auf die Schwerpunkte: Demokratie, Partizipation, Kinderrechte, Diversität, Diskriminierung und Inklusion analysiert. Demokratiebildung wird als fortlaufender Prozess und auf Ebene der Bildungsprozesse von Kindern als Erfahrungs- und Lebensform verstanden (Oelkers 2011, S. 121ff.; Eberlein et al. 2021, S. 12, 212), der es allen Mitgliedern einer Gesellschaft ermöglichen soll, aktiv an demokratischen Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Kinderrechte sind als grundlegende demokratierelevante Rechtsanker für Kinder, die Anforderung an pädagogische Fachkräfte zur Einhaltung von Schutz-, Beteiligungs- und Förderrechten von Kindern verankern (UN-Kinderrechtskonvention 1989). Partizipation ist historisch in reformpädagogischen Bewegungen verankert, und stellt ein zentrales Prinzip dar, welches die Beteiligung von Kindern in Inhalt und Form befördert (Ruppin 2018; Schwerdt et al. 2023, Hansen et al. 2011). Diversität wird als wichtige Perspektive hervorgehoben, da die heterogenen Zugehörigkeiten und Lebenslagen von Kindern und Familien in der pädagogischen Arbeit bedeutsam werden (Hormel 2007, S. 27, Stenger et al. 2017, S. 9). Diskriminierung, als Ausschluss oder Benachteiligung bestimmter Gruppen, wird als „Demokratiedefizit“ unvereinbar mit dem demokratischen Anspruch betrachtet und erfordert eine aktive Auseinandersetzung und Gegenmaßnahmen (BMFSFJ 2020, S. 164f.; Scherr 2016). Inklusion zielt darauf ab, die Teilhabe von Kindern an Bildung und Gesellschaft chancengerecht zu gewährleisten. Erwähnenswert ist hierbei der erfolgte Paradigmenwechsel, welcher nicht mehr ein vermeintliches Defizit bei Kindern fokussiert, sondern Behinderungen auf gesellschaftliche Defizite betrachtet, welche als Barrieren in Strukturen und Institutionen wirksam sind und entsprechend abgebaut werden müssen (Degener 2010, S. 58; Wagner 2022). Deutschland hat sich mit der Ratifizierung der UN-Behindertenkonvention verpflichtet Teilhabe im Bildungssystem umzusetzen, doch nach wie vor besteht Handlungsbedarf, um ein inklusives Bildungssystem zu schaffen. Innerhalb der Dimensionen und Zugänge über Demokratiebildung, Partizipation, Kinderrechte, Diversität, Anti-Diskriminierung und Inklusion gibt es viele inhaltliche Überschneidungen. Die Diskussion um diese in diesem Beitrag knapp skizzierten Konzepte reflektiert die komplexen demokratierelevanten Herausforderungen für die pädagogische Praxis und die Notwendigkeit einer kontinuierlichen wertebasierten Auseinandersetzung mit Qualitätsverfahren und der Weiterentwicklung von Demokratiebildung im Kindesalter auf.

Wie geht das Projekt vor?

Die Dokumentenanalyse zielt darauf ab, die Rolle der Demokratiebildung in Kitas innerhalb der Qualitätsverfahren zu untersuchen. Die Dokumentenanalyse konzentriert sich darauf, wie häufig Aspekte wie Partizipation, Kinderrechte, Inklusion, Diversität und Diskriminierung in den untersuchten Qualitätsverfahren vorkommen. Es wird eine zusätzliche qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt, die quantitative Techniken wie die Erfassung von Begriffshäufigkeiten ergänzte. Die Untersuchung schafft eine Annäherung an ein deskriptives Abbild zu verschiedenen Dimensionen der Demokratiebildung und gibt Rückschlüsse auf Weiterentwicklungspotenziale. 21 Qualitätsverfahren wurden im Sample der Dokumentenanalyse aufgenommen. Sie unterschieden sich in qualitativ und quantitativem Zugang, ihrer regionalen Verankerung sowie lokaler, bundesweiter und nationaler Anwendung, ihren Evaluationsformen (intern und/oder extern) sowie ihrer Verbreitung als ansatzbezogene, managementbezogene, trägerbezogene Formen. Verschiedene Dokumente und Methoden wurden anhand verschiedener Kriterien für die Dokumentenanalyse verwendet, darunter Beobachtungsbögen, Fragebögen bis hin zu ganzen Handbüchern und Manuals. Es wird betont, dass die Analyse auf einer begründeten Auswahl von Dokumenten basiert und keine direkten Einblicke in die pädagogische Praxis und die Verwendungsweisen in der Arbeit mit verschiedenen Verfahren aufzeigen[1]. Die Analyse liefert dadurch Impulse für den Fachdiskurs und eine Annäherung an die Frage, wie es um Demokratiebildung in verschiedenen Qualitätsverfahren steht.

Was ist das Ergebnis?

Im Folgenden wird ein Einblick in Teilergebnisse zu Diversität, Inklusion und Diskriminierung gegeben. Die vollständigen Ergebnisse sind im Werk „Demokratiebildung in Verfahren der Qualitätsentwicklung in Kitas: Eine Dokumentenanalyse Zur Stellung von Partizipation, Kinderrechten, Diversität, Diskriminierungskritik und Inklusion in der kindheitspädagogischen Qualitätslandschaft” (Trần 2024) nachzulesen.

Trotz großer Unterschiede zwischen verschiedenen Qualitätsverfahren wurden alle Schlagwörter übergreifend gefunden, was darauf hindeutet, dass grundsätzlich bestimmte Zugänge in Qualitätsverfahren verhandelt werden, wobei insbesondere Partizipation stark aufgegriffen wird und Diskriminierung als der meist vernachlässigte Teilaspekt gedeutet werden kann. Diversität wird häufiger thematisiert als Inklusion. Deutlich werden die großen Unterschiede im Profil einzelner Qualitätsverfahren.

Rang nach TreffernInhaltliche KategorieAnzahl der Kodierungen
1Partizipation10388
2Diversität9728
3Kinderrechte7230
4Demokratie4563
5Inklusion4417
6Diskriminierung3927
Gesamt40253
Tabelle 1 Absolute Häufigkeit von Treffern nach verschiedenen Zugängen (Eigene Darstellung)

Diversität in Qualitätsverfahren wird meist unter Begriffen wie „Unterschiede“ und „Vielfalt“ thematisiert. Allerdings ist der Bezug zu sozialer Differenz und Heterogenität geringer. Die Sprachwahl variiert stark, wobei „Vielfalt“ und „Unterschiede“ öfter verwendet werden als „Diversität“. Unterschiedliche Verfahren handhaben Diversität unterschiedlich. Es geht einerseits darum, Unterschiede anerkennend und respektvoll als Teil der pädagogischen Arbeit aufzugreifen. Andererseits wird die inhaltliche Spannbreite von Diversität teils oberflächlich abgehandelt und sehr unterschiedlich bis einseitig-stereotyp zur Sprache gebracht und auch hier gibt es große Disparitäten zwischen einzelnen Qualitätsverfahren. Diversität zeigt sich in verschiedenen Differenzkategorien (abgefragt wurden beispielsweise natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeit, Alter, Geschlecht, psychische und physische Einschränkungen, sozialer Herkünfte etc.), wobei das Alter und die ethnische Zugehörigkeit am häufigsten erwähnt werden, während psychische und physische Einschränkungen und sexuelle Orientierung wenig Beachtung finden. Kinder sind die häufigste Zielgruppe, aber auch Familien und ethnische Zugehörigkeit werden oft genannt. Dennoch sind bestimmte Aspekte der Diversität, wie nicht-binäre Geschlechtlichkeit oder verschiedene Religionen unterrepräsentiert. Die Sprache und Herangehensweise zu Diversität in Qualitätsverfahren zeigen eine Affirmation von Vielfalt, während eine machtkritische Perspektive weniger präsent ist. Seltener wird die Beteiligung der Fachkräfte an der Herstellung von Differenz von Kindern und Familien thematisiert, sondern vorwiegend der Umgang mit Heterogenität in den Blick genommen. Es besteht Bedarf an einer umfassenderen Berücksichtigung diverser Lebensrealitäten von Kindern und an einer kritischeren Auseinandersetzung mit Diversität in der pädagogischen Praxis und in Qualitätsverfahren.

Die Analyse zeigt, dass das Verständnis von Inklusion in Qualitätsverfahren uneinheitlich ist, und die Umsetzung variiert stark. „Inklusion“ wird insgesamt 262-mal benannt in der Spannbreite von gar keiner Benennung in acht Qualitätsverfahren bis hin zu 125 Treffern in einem Qualitätsverfahren. Häufig wird Inklusion einseitig betont, ohne Exklusion zu berücksichtigen. Das „Gemeinsame“ in Sinne von Zusammen sein „aller“ wird oft hervorgehoben, während Teilhabe, Zugehörigkeit und Barrierefreiheit selten angesprochen werden. Die Formel „alle Kinder“ bleibt unpräzise, birgt Widersprüche und bleibt vage in Hinblick auf konkrete Maßnahmen, die bestimmte Zielgruppen von Kindern betreffen. Der Begriff „Inklusion“ wird mit Kindergruppen entlang physisch-psychischer Fähigkeit, natio-ethno-kultureller Zugehörigkeit und ihres Alters erwähnt, was das Spannungsfeld der Spezifik des inklusiven Auftrags für bestimmte Kinder und seiner Generalisierbarkeit von „allen“ Kindern verdeutlicht. Bestimmte Qualitätsverfahren weisen deutlich dazu an, „Inklusion“ als Zielwert pädagogischer Qualität zu adressieren, doch es gibt auch einige Verfahren, die sich kaum (und vor allem nicht explizit) mit Inklusion befassen. Die Thematisierung von Exklusion muss verstärkt werden, um Barrieren abzubauen. Die Konsistenz von Integration und Sonderpädagogik ist bedenklich, da sie einerseits Benachteiligte ansprechen, andererseits aber eine Sonderbehandlung bestimmter Kindergruppen mitermöglichen. Die Herausforderung besteht darin, ein ausgewogenes Verständnis von Inklusion zu entwickeln und einen verstärkten Diskurs über Exklusion zu führen.

Die Analyse zeigt, dass Diskriminierung in Qualitätsverfahren nur am Rande thematisiert wird. Während Herrschaftsverhältnisse häufiger erwähnt werden, bleibt die explizite Auseinandersetzung mit Diskriminierung sehr gering. Es fehlt an konkreten Strategien zur Bewältigung von Diskriminierungssituationen. Die Benennung spezifischer diskriminierender Ideologien (wie beispielsweise Klassismus, Rassismus, etc.) ist selten, ebenso wie die Erwähnung von Interventionsstrategien, welche beispielsweise durch Beschwerden angesprochen werden. Es lässt sich in Bezug auf die Ergebnisse der Analyse von Diversität und Differenzmerkmalen feststellen, dass die Ansprache von beispielsweise „Kinder[n]“ mit 2446 Treffern und seinem Diskriminierungsäquivalent „Adultismus“ mit 3 Treffern eine Thematisierung in der Benennung von spezifischen Personengruppen (hier Kinder) stark gewichtig, doch ihre Ausgrenzungsrisiken kaum bis gar nicht zur Kenntnis genommen werden. Die Art und Weise, wie Diskriminierung behandelt wird, variiert stark zwischen den Qualitätsverfahren. Einige thematisieren sie ausführlicher, während andere sie kaum berücksichtigen. Die Verwendungsweisen des Diskriminierungsbegriffs in der Kita sind sehr unterschiedlich gelagert. Es kann nicht von einer systematischen Auseinandersetzung gesprochen werden, sondern mehr von einer punktuellen Ansprache ausgewählter Qualitätsverfahren. Dabei unterscheiden sich die Benennungen stark nach den jeweiligen Qualitätsverfahren. Viele Verfahren haben Diskriminierung kaum bis gar nicht in ihrem Fokus auf pädagogische Qualität. In der qualitativen Analyse zeigt sich, dass Diskriminierung mit Sensibilisierung für Vorurteile und Übergriffigkeiten in Verbindung steht. Offen bleibt, wer von wem wie diskriminiert wird und wie pädagogisch damit umgegangen werden kann. Teils wird die Idee eines diskriminierungsfreien Raums mitgetragen, die die Adressierung von Diskriminierungen im pädagogischen Alltag ausblenden. Andere Verfahren widmen sich gezielter Diskriminierungsrisiken in der Kita.

Die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen wird betont, indem die Anwendungsweisen von Qualitätsverfahren in der Praxis sowie die Perspektiven der Kinder stärker einzubeziehen sind. Zudem wird die Erwachsenenzentrierung im Diskurs über Qualität und Demokratiebildung kritisch hinterfragt und auf die Machtverhältnisse sowie Diskriminierungsrisiken als Demokratiedefizite in Kindertageseinrichtungen hingewiesen. Die wertebasierte Ausrichtung sind durch Partizipation und Demokratiebildung grundsätzlich vorhanden und in Qualitätsverfahren zu präzisieren. Kinderrechte müssen stärker expliziter Bestandteil von pädagogischer Qualität sein und Diversität tiefgründiger und kritischer verhandelt werden als bisherige Qualitätsverfahren dies tun. Das Fazit der vorliegenden Dokumentenanalyse verdeutlicht die vielfältigen Impulse für einen kritischen Qualitätsdiskurs in kindheitspädagogischen Handlungsfeldern mit dem Fokus auf Demokratiebildung. Weiterhin kann über die konsequentere Ausrichtung im Qualitätsdiskurs in Richtung Demokratiebildung verwiesen werden. Eine Unterscheidung je nach Kontext und Verwendungsweise verschiedener Qualitätsverfahren wird ebenfalls deutlich, da es große Unterschiede zwischen einzelnen Qualitätsverfahren zu verschiedenen Teilaspekten sich abgezeichnet haben.

Was kann das für die Praxis bedeuten?

Demokratieförderliche Prinzipien müssen stärker programmatisch und inhaltlich konturiert werden, um die Verbindung zwischen bildungspolitischen Strategien und pädagogischer Alltagspraxis zu befördern. Es bedarf einerseits formaler Strukturen, damit Demokratiebildung als Handlungspraxis ermöglicht wird und andererseits eine flexible Umsetzung und Ausrichtung an der pädagogischen Praxis und seiner verschiedenen Akteur*innengruppen – allen voran den Kindern. Diese konsequente Strategie kann als organisationale Aufgabe begriffen werden, da verschiedenen Ebenen und Subsysteme in pädagogischen Einrichtungen für eine demokratiebildenden Qualitätsdiskurs und Praxis beitragen. Die pluralen Lebenswirklichkeiten von Kindern in ihren heterogenen Ausprägungen brauchen mehr, systematische und explizitere Berücksichtigung in Qualitätsverfahren, die entsprechend zu überarbeiten sind. Es besteht die Notwendigkeit einer diversitätsbewussten Auseinandersetzung und Ansprache und Adressierung von Kindern und Familien, um den heterogenen Lebenswelten gerecht zu werden und Ungleichheiten sowie Ausschlüssen entgegenzuwirken. Diskriminierungen und deren Umgang stellen eine größere Leerstelle in Qualitätsverfahren dar. Grundlegend besteht Bedarf, Diskriminierung stärker und expliziter in den Blick zu nehmen und konkrete Handlungsorientierungen zu entwickeln, um Teilhabebarrieren und Demokratiedefiziten entgegenzuwirken. Schlussfolgernd wird deutlich, dass Inklusion viel mit der Thematisierung „aller Kinder“, dem Zusammensein sowie gemeinsamen Aktivitäten implizit angesprochen wird. Gleichzeitig wird Inklusion wenig thematisiert, wenn es um umfassende Teilhabe, Zugehörigkeit und Barrieren in pädagogischen Einrichtungen geht. Die Formel „alle“ Kinder im Sinne eines allumfassenden Einschlusses kann als unpräzise gelten, da sich darunter verschiedene Ziele, Werte und Handlungsmaßnahmen verbergen, die teils bestimmte Zielgruppen von Kindern implizit ansprechen und dennoch größeren Interpretationsspielraum aufweisen. Hier braucht es Klärung wer mit Inklusion wie gemeint und wie behandelt werden soll, um grundsätzlich die Bildungseinrichtung inklusiv zu gestalten. 

In der Betrachtung der Ergebnisse wird deutlich, dass der Umgang mit Diversität, Inklusion und Diskriminierung vor allem als Aufgabe pädagogischer Fachkräfte ausgewiesen wird. Dies erfordert einen Ausbau von demokratischen Strukturen innerhalb der Organisation, bei dem nicht nur pädagogische Fachkräfte, sondern die gesamte Organisation in die Verantwortung gezogen wird. Die vorgeschlagenen praxisnahen Rückschlüsse zielen darauf ab, die Qualitätssicherung und -weiterentwicklung in Kindertageseinrichtungen zu verbessern und Demokratiebildung als Struktur pädagogischer Einrichtungen sowie Recht von Kindern stärker zu verankern. Dabei ist eine systematische Auseinandersetzung mit Demokratiebildung und verschiedenen Zugängen wie Partizipation, Kinderrechten, Diversität, Diskriminierung und Inklusion unerlässlich. Es bedarf einer Verschiebung in der Qualitätsdebatte weg vom Effizienz-Paradigma hin zur Qualitätsentwicklung als Demokratisierungsstrategie in Inhalt und Form. So kann Demokratiebildung als Recht von Kindern in der pädagogischen Praxis umfassend realisiert werden und im Alltag als Erfahrungsform durch Qualitätsverfahren sowie in der pädagogischen Alltagspraxis gelebt werden.

Literaturverzeichnis

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Oelkers, Jürgen (2011) (Hrsg.): John Dewey. Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik. 5. Auflage, Weinheim und Basel: Beltz Juventa.

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Scherr, Albert (2016): Diskriminierung. Wie Unterschiede und Benachteiligungen gesellschaftlich hergestellt werden. 2. Auflage. Wiesbaden: Springer VS.

Stenger, Ursula; Edelmann, Doris; Nolte, David; Schulz, Marc (Hrsg.) (2017): Diversität in der Pädagogik der frühen Kindheit. Im Spannungsfeld zwischen Konstruktion und Normativität. Weinheim, Basel: Beltz Juventa.

Schwerdt, Ulrich; Sieveke, Pia; Wüllner, Sabrina (2023): Janusz Korczak im Kontext der historischen Reformpädagogik. Lehrer_innenband. Baltmannsweiler: Schneider Verlag.

Trần, Hoa Mai (2024): Demokratiebildung in Verfahren der Qualitätsentwicklung in Kitas: Eine Dokumentenanalyse. Zur Stellung von Partizipation, Kinderrechten, Diversität, Diskriminierungskritik und Inklusion in der kindheitspädagogischen Qualitätslandschaft. Fachstelle Kinderwelten/ISTA (Hrsg.). Unter Mitarbeit von Ayten, Nuran; Surmund, Judith; Mildt, Manuela. Opladen, Berlin, Toronto: Budrich.

UN-Kinderrechtskonvention (1989): Übereinkommen über die Rechte des Kindes. 20. November 1989. Am 5. April 1992 für Deutschland in Kraft getreten (Bekanntmachung vom 10. Juli 1992 – BGBl. II S. 990). Verfügbar unter: https://www.kinderrechte.de/kinderrechte/un-kinderrechtskonvention-im-wortlaut [22.04.2024].

Wagner, Petra (2022) (Hrsg.): Handbuch Inklusion. Grundlagen vorurteilsbewusster Bildung und Erziehung. 5. Auflage. Freiburg: Herder.

Wolter, Berit (2021): Demokratiebildung im Bereich Kita in den Bildungsprogrammen der Bundesländer. Rechercheergebnisse. Unter Mitarbeit von Hannah Louisa Schmidt. Fachstelle Kinderwelten/ISTA (Hrsg.). Verfügbar unter: https://situationsansatz.de/wp-content/uploads/2021/11/Recherche_Demokratiebildung_Bundeslaender_Zusammenfassung.pdf [Zugriff: 12.03.2023].


[1] Es werden Grenzen und Limitationen des Vorgehens in der Auswahl der Dokumente deutlich sowie technische Probleme bei der Datenverarbeitung und die begrenzte Kontextsensibilität der automatisierten Schlagwort-suche betont.